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Suchtbeauftragter: Keine Sportwettenwerbung vor 23 Uhr

Der Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhart Blienert, sieht dringenden Handlungsbedarf, um Glücksspielsucht zu bekämpfen. Um Jugendliche besser schützen zu können, müsse Sportwettenwerbung etwa im TV vor 23 Uhr verboten werden, forderte Blienert am Montag bei der Vorstellung des Glücksspielatlas in Berlin. Durch die Verquickung von Sport und Sportwetten finde eine gefährliche Verharmlosung statt. Fast jeder Dritte, der eine Sportwette abschließen, weise eine Glücksspielstörung auf.

In Deutschland haben demnach 1,3 Millionen Menschen eine Glücksspielstörung. Das heißt, sie entwickeln durch die Teilnahme an Automatenspielen, Sportwetten und anderen Glücksspielen gesundheitliche, finanzielle oder auch soziale Probleme. Weitere drei Millionen Menschen spielten riskant.

Glücksspielsucht ruiniere Existenzen, zerstöre Familien, treibe Menschen in den Suizid, betonte Blienert und forderte grundsätzlich wirkungsvollere Jugendschutzregelungen. Es stimme etwas nicht, wenn Jugendliche bei Online-Spielen durch sogenannte Lootboxen “in scheinbar harmlosen Games gezielt auf das Spiel mit Geld und vermeintlichem Glück gelockt werden”.

Auch präventive Maßnahmen müssten gestärkt werden, sagte Glücksspielforscher Tobias Hayer. Glücksspielanbieter etwa seien verpflichtet, Spieler- und Jugendschutz wirksam zu erreichen, etwa durch Sperrung von Spielern. Laut Forschung erfolgen aber nur ein Prozent der Sperrungen durch Anbieter.

Besonders betroffen von Glücksspielsucht sind demnach vor allem Männer, junge Menschen, Menschen mit Migrationshintergrund und Mitglieder von Sportvereinen sowie deren Fans. Hayer sagte, Menschen mit Migrationshintergrund beteiligten sich zwar grundsätzlich weniger am Glücksspiel. “Wenn sie aber zocken, sind sie gefährdeter, abhängig zu werden”. Ursache dafür kann laut Forschung etwa der Versuch sein, auf der Flucht erlittene Traumata durch das Spiel als eine Art Selbstmedikation zu bekämpfen. Zudem befänden sich Migranten häufiger am Rande der Gesellschaft, so dass das Geld sie mutmaßlich stärker verlocke.

Grundsätzlich ist die Teilnahme an Glücksspielen laut Daten rückläufig. In Deutschland nahmen im Jahr 2021 demnach 30 Prozent der Bevölkerung an Glücksspielen teil. Im Jahr 2007 hatte dieser Anteil noch 55 Prozent betragen.