Während der Corona-Zeit haben alle gelitten, seitdem wächst die soziale Kluft: Das macht sich auch bei depressiven Symptomen bemerkbar, wie eine neue Studie zeigt. Fachleute fordern eine gerechte Gesundheitsstrategie.
Depressive Stimmung und Interessenverlust nehmen zu – vor allem in einkommensschwachen Gruppen. Das zeigt eine Untersuchung des Robert-Koch Instituts und der Charité in Berlin, die am Freitag im Fachjournal “Internationales Ärzteblatt” veröffentlicht wird. In den ersten beiden Corona-Jahren, also 2020 und 2021, sei diese Form von Belastung in allen sozioökonomischen Gruppen angestiegen, hieß es. Seit 2022 sei der Anstieg jedoch bei ärmeren Menschen besonders ausgeprägt.
Das Studienteam führt diese Entwicklung auf “zusätzliche Stressoren” zurück, etwa die Preissteigerungen für Energie und Nahrungsmittel infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine. Die Ergebnisse gingen “auffällig über übliche Schwankungen hinaus”, sagte der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Public Health, Hajo Zeeb. Hinzu komme, dass für sozioökonomisch benachteiligte Gruppen häufig auch mehr Barrieren zur Versorgung bestünden. Daher seien niedrigschwellige Vorsorge- und Behandlungsangebote gefragt.
Der Medizinsoziologe Nico Dragano erklärte, Lösungsideen lägen vor, “nur die Umsetzung erfolgt nicht”. Deutschland brauche eine “echte Strategie zur Reduktion gesundheitlicher Ungleichheit” sowie ein stabileres Sozialsystem. – Ausgewertet wurden laut Angaben die Daten von insgesamt 94.274 Personen, die telefonisch befragt worden waren.