Die Präventionsarbeit der katholischen Kirche in NRW gegen sexualisierte Gewalt ist laut einer wissenschaftlichen Studie wirksam, muss aber weitergeführt und vertieft werden. Die Erzbistümer Köln und Paderborn sowie die Bistümer Aachen, Essen und Münster stellten sich ihrer Verantwortung und setzten sich aktiv mit den Bedingungen auseinander, die sexuelle Übergriffe und Gewalt ermöglichen, erklärte das Forschungsteam, wie die fünf Bistümer am Donnerstag mitteilten. Indem sexuelle Gewalt eher erkannt und Übergriffe als solche bewertet und bearbeitet würden, entfalte Prävention „erkennbar Wirksamkeit“, sagten die Wissenschaftler.
Forscher des Instituts für Soziale Arbeit in Münster und des Forschungszentrums SOCLES in Heidelberg und Berlin hatten im Auftrag der fünf Bistümer die Aktivitäten und Konzepte der Präventionsarbeit in den NRW-Diözesen seit 2010 untersucht. Eine Auswertung von Konzepten und Programmen zur Prävention habe gezeigt, dass die Kirche Regeln setze, Verfahren vorgebe und Ressourcen zur Verfügung stelle, so die beiden Institute. Eine „auffällige Leerstelle“ zeige sich aber bei der Beteiligung junger Menschen. Für diese Gruppe gehören demnach auch heute Grenzverletzungen und sexuelle Übergriffe in katholischen Kontexten zur Lebensrealität – sie sehe sich „generell zu wenig gehört und beteiligt“.
Die Analyse von Daten zu Interventionsfällen zeigt den Angaben zufolge einen deutlichen Anstieg der Mitteilungen über sexualisierte Gewalt in der katholischen Kirche. Dies könne „neben der klaren Botschaft, dass Prävention weiterhin dringend erforderlich ist“ auch ein Hinweis sein, dass tragfähige Interventionsstrukturen aufgebaut worden seien. Die im Zuge des Projektes erarbeitete Dokumentation dieser Daten sollte nach dem Wunsch der Forscher in allen Bistümern auch über NRW hinaus übernommen werden.
Laut einer Online-Befragung von über 5.000 überwiegend in der Kirche aktiven Menschen im Rahmen der Studie steht die große Mehrheit der ehrenamtlichen oder beruflichen Mitarbeiter hinter den Anstrengungen zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt, auch wenn es Geld koste. Nur rund 50 Prozent der Befragten bejahten jedoch die Frage, ob der Schutz vor sexueller Gewalt auch gelinge. Betroffene bewerteten Aktivitäten und Erfolg kirchlicher Präventionsarbeit demnach „deutlich kritischer“.