Negative Einstellungen gegenüber Zugewanderten und ihren Nachkommen entstehen in der Mehrheitsgesellschaft häufig, weil sie zu erfolgreich integriert sind – und nicht, weil sie sich nicht integrieren wollen. Das haben Forscher der Universität Mannheim und der Humboldt-Universität zu Berlin in einer neuen Studie herausgefunden.
Während die Nachkommen von Zugewanderten in vielen westeuropäischen Ländern, darunter auch in Deutschland, in den vergangenen Jahrzehnten beruflich immer erfolgreicher geworden seien, habe die Anerkennung auf Seiten der Mehrheitsgesellschaft damit nicht Schritt gehalten, so ein Fazit der Forscher. Der Mannheimer Soziologe Frank Kalter und seine Berliner Kollegin Naika Foroutan sehen einen möglichen Grund für diese Entwicklung in der Angst von Teilen der Mehrheitsbevölkerung, dass Migranten einflussreiche normsetzende Positionen bekleiden. Als Beispiele nannten sie Positionen in der Lokalpolitik oder in der Rechtsprechung.
„Wir verzeichnen große Integrationserfolge“, sagte Kalter laut Mitteilung. Auf dem Arbeitsmarkt oder im Bildungssektor gelinge die Integration gut und gemessen an den oft schwierigen Startbedingungen auch vergleichsweise schnell. „Dennoch wird dies in der Breite nicht so wahrgenommen – im Gegenteil. In der allgemeinen Stimmung wird zunehmend der Mythos geschürt, die Integration sei gescheitert, was völlig an den Fakten vorbeigeht“, so Kalter weiter.
In ihrer Analyse unterschieden Kalter und Foroutan zwischen realer und symbolischer Bedrohung. Reale Bedrohung bedeutet, dass in den Augen der Mehrheitsgesellschaft die Versorgung materieller Bedürfnisse wie Nahrung oder Unterkunft durch den Aufstieg von Minderheitengruppen gefährdet wird. Die symbolische Bedrohung bezieht sich auf kulturelle Werte und Normen einer Gesellschaft, wie etwa allgemeine Verhaltensregeln, die durch die Zugewanderten unterwandert werden könnten.
Vor allem türkischstämmige Muslime und syrische Migranten stoßen der Studie zufolge in Deutschland auf größere gesellschaftliche Ablehnung, und zwar unabhängig davon, wie erfolgreich sie sind. Die Studie, die auf Daten des Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitors des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung beruht, wurde in einem Sonderheft der internationalen Fachzeitschrift „Journal of Ethnic and Migration Studies“ veröffentlicht. (0530/08.03.2024)