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Hanau: Streit um Gedenken an Anschlag

Die Stadtkoalition in Hanau will das Gedenken an den Anschlag vom 19. Februar künftig kleiner halten – als Reaktion auf eine kritische Rede einer Angehörigen.

Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) auf der Gedenkfeier in Hanau
Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) auf der Gedenkfeier in Hanauepd-bild/Tim Wegner

Nach der Gedenkfeier am fünften Jahrestag des rassistischen Anschlags in Hanau hat sich am Wochenende ein Streit um die Form des künftigen Erinnerns entzündet. Die Hanauer Stadtkoalition von SPD, CDU und FDP hatte aufgrund der Rede einer Mutter eines Opfers angekündigt, dass es derartige Gedenkveranstaltungen in Hanau nicht mehr geben werde. Bei der Feier im Kongresszentrum am vergangenen Mittwoch hatten der Bundespräsident, der Hessische Ministerpräsident, der Oberbürgermeister und vier Angehörige von Opfern vor zahlreichen Gästen gesprochen.

Stadt Hanau: Rede sei Ohrfeige für Familien

„Bei allem Verständnis für die Trauer über den Verlust ihres Sohnes, was Frau Gürbiz von der Stadt Hanau, dem Land Hessen und der Bundesrepublik Deutschland an Respekt und Achtung einfordert, muss sie auch gegenüber Bund, Land, Stadt sowie den anderen Opferfamilien aufbringen“, sagte der Vorsitzende der Hanauer FDP Fraktion, Henrik Statz, laut der Mitteilung. Die Rede sei eine Ohrfeige für alle Familien, die trotz ihrer Trauer wieder zurück ins Leben finden wollten, den Blick in die Zukunft richteten und sich engagierten, damit Hass und Hetze in unserer Gesellschaft keinen Platz haben. „Frau Gürbüz hat mit ihren Aussagen am 19. Februar leider genau das Gegenteil betrieben. Sie hat die Gedenkveranstaltung missbraucht, um rückwärtsgewandt zu spalten und die schreckliche Tat zu instrumentalisieren“, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Pascal Reddig.

Emis Gürbiz hatte ihre Rede auf der Gedenkfeier mit den Worten begonnen: „Dieses Ereignis ist ein Schandfleck in der Geschichte Hanaus und auch Deutschlands. Deutschland und Hanau schulden mir ein Leben.“ Seit 40 Jahren geschähen rassistische Morde in Deutschland, ohne dass etwas wirksam dagegen unternommen worden sei. Die Stadt Hanau sei am Tod der neun Ermordeten schuldig. „Es hätte keine Fehler geben dürfen, ich akzeptiere keine Entschuldigung“, sagte Gürbiz.

Hanau: Angehörige der Opfer reagieren entsetzt

Die antirassistische Initiative 19. Februar Hanau, die Angehörige der Opfer unterstützt, reagierte auf die Mitteilung der Stadtkoalition: „Wir sind entsetzt und enttäuscht, dass die Worte einer Betroffenen zum Anlass genommen werden, über die Erinnerung an den rassistisch motivierten Anschlag von Hanau zu entscheiden“, heißt es auf Instagram.

 

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Jede Familie gehe unterschiedlich mit Verlust, Trauer und Schmerz um. „Mitten in diesem Schmerz, zwei Tage nach dem Jahrestag, ist es unangemessen und verletzend, auf diese Weise behandelt zu werden.“