Wie geht es Ihnen in diesen besonderen Zeiten?
Matthias Borchert: Mir und meiner Frau (Gemeindepastorin in Kühlungsborn, die Red.) geht es gesundheitlich gut. Wir genießen einen Acht-Stunden Arbeitstag, betätigen uns gärtnerisch im Pfarrgarten, der noch nie so gut im Frühjahr aussah.
Wie schwer treffen Sie derzeit die Einschränkungen?
Natürlich bleiben die Touristen dem Ort fern. Die Kirche steht von 9 bis 18 Uhr für Besucher weiterhin auf. Wechselnde Angebote wie Gebete und kleine Andachten liegen auf den Kirchenbänken aus. Die Kirche wird sehr gut besucht. Der Kerzenbaum ist voll ausgelastet – jeden Tag. Ich habe jetzt mehr Zeit, die Sommersaison vorzubereiten, die natürlich ganz anders verlaufen wird.
Normalerweise beginnt die Saison Ostern. Wie geht Urlauberseelsorge unter diesen Umständen?
Die Urlauberseelsorge bezieht in dieser Zeit für mich besonders auch die Menschen ein, die mit den Urlaubern in der Saison zu tun haben. So habe ich durch Briefe, per E-Mail oder über WhatsApp Kontakte zu denjenigen Hotelbetreibern, Restaurantinhabern und anderen Kühlungsborner Unternehmern aufgenommen, mit denen ich in meiner Urlauberseelsorge und auch in der Gemeinde zu tun habe. Nach ihrem Ergehen fragend, haben erstaunlich viele geantwortet oder auch zurückgerufen. Es gab viele gute Gespräche. So habe ich jetzt auch zu den Auszubildenden einer großen Hotelkette Kontakt, die aus Indonesien kommen, und regelmäßig den Kontakt zur Kirche suchen. Auch sie haben jetzt die Info-E-Mail abonniert. Durch die außerkirchlichen Kontakte kam auch das Mutmachvideo „Kühlungsborn gemeinsam“ zustande, das man auf www.kirche-kuehlungsborn.de ansehen kann.

Sie sind mit einer halben Stelle auch Gemeindepastor in Kühlungsborn. Welche Auswirkungen stellen Sie hier fest?
Vieles vermischt sich jetzt. Da sind Trauungen und Taufen aus der einheimischen Gemeinde und der Urlaubergemeinde, die abgesagt oder verschoben werden müssen – immer mit einer gewissen Unsicherheit. Die Gemeindeglieder selbst freuen sich über die leeren Strände und die Ruhe in der Stadt. Meine Frau und ich führen viele seelsorgerliche Telefonate. Wir halten die Verbindung durch einen sonntäglichen Gruß per Internet oder Brief. Geburtstagsbesuche werden an der Tür gemacht oder über zwei Meter Abstand im Freien am Tisch.
Und als Urlauberseelsorger?
Die Besprechungen mit den Akteuren für den Sommer laufen wie anderswo auch über das Internet. Gemeinsam mit einem Ehepaar aus Brandenburg und zwei Frauen aus Bremen und Ingolstadt überlegen wir zurzeit, welche Angebote wir für die geringere Urlauberzahl machen können. Nebenbei läuft die Planung des Musiksommers, mit vielen Unsicherheiten, aber auch einer großen Bereitschaft der Musiker, für die Menschen in dieser besonderen Zeit etwas zu machen. Ich habe regelmäßige Videokonferenzen mit den Kollegen aus der Nordkirche. Das ist ein guter Erfahrungsaustausch.
Was haben Sie schon fest geplant für die Urlauberseelsorge in diesem Jahr? Sind wieder junge Mitarbeitende für die Sommerferien in Sicht?
Große Konzerte müssen ausfallen, junge Mitarbeitende haben sich in diesem Jahr nicht gemeldet. Distanz und doch Nähe zu vermitteln, trotz Hygenievorschriften, das wird die Aufgabe der Urlauberseelsorge in Norddeutschland sein. Es wird vielleicht kleine Konzerte geben, Andachten am Hafen, Radtouren mit Andacht zum Sonnenuntergang mit begrenzter Teilnehmerzahl, Ge(h)spräche, kleine Pilgergruppen, Aktionsangebote, die dann die Familien allein durchführen. Strandkorbseelsorge, natürlich mit zwei Strandkörben, die vielleicht weiter auseinanderstehen müssen, soll es weiterhin geben. Vielleicht auch ganz einfache Gute-Nacht-Geschichten am Strand mit großem Abstand unter den Teilnehmern, kleine Andachtsformen unter freiem Himmel am Strand oder in der Nähe der Kirche und eine zweimonatige Ausstellung in der Pfarrscheune.