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Stralsund: Sechseinhalb Jahre Haft wegen Säureangriff auf Nachbarn

Das Landgericht Stralsund hat am Mittwoch einen Mann wegen eines Säureangriffs auf einen Nachbarn zu sechs Jahren und sechs Monaten Haftstrafe verurteilt. Laut Beratungsstelle für Betroffene rechter Gewalt in Mecklenburg-Vorpommern („Lobbi“) handelt es sich bei dem Verurteilten um einen 42-jährigen Deutschen. Er soll im September vergangenen Jahres einen damals 34-jährigen, syrischen Nachbarn mit Schwefelsäure überschüttet haben. Das Gericht sah beim Beschuldigten eine fremdenfeindliche Gesinnung als gegeben an, wie eine Gerichtssprecherin dem Evangelischen Pressedienst (epd) auf Nachfrage mitteilte.

Eine zum Tatzeitpunkt verminderte Schuldfähigkeit könne nicht ausgeschlossen werden, der mehrfach vorbestrafte Mann sei drogenabhängig, hieß es weiter. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die Linksfraktion im Landtag MV nannte das Urteil „folgerichtig“, wie die Fraktion mitteilte. Das Gericht habe es als erwiesen angesehen, dass der Angeklagte aus rassistischen Motiven gehandelt und den Syrer schwer verletzt habe. Das Opfer müsse „nun den Rest seines Lebens mit den bleibenden körperlichen und seelischen Folgen der Tat zurechtkommen“. Den „rassistischen Hintergrund“ habe das Gericht „als strafverschärfend“ gewertet.

Der rechtspolitische Sprecher der Linksfraktion, Michael Noetzel, erklärte: „In einer Zeit, in der rassistische Übergriffe zunehmen, ist es unerlässlich, die Motive hinter den Straftaten klar zu benennen und diese konsequent zu ahnden.“ Rassistische Gewalt sei nicht nur ein individuelles Vergehen, sondern „spiegelt tief verwurzelte gesellschaftlich Diskriminierungen wider“. Diese müssten sichtbar gemacht werden, „um das Bewusstsein dafür zu schärfen, damit alle demokratischen Kräfte und Institutionen wirksam dagegen vorgehen können“, sagte Noetzel.