2017 fiel das „Oldtimer-Pilgern“ – eine Erfindung des Evangelischen Erwachsenenbildungswerks Westfalen und Lippe e. V. (EBW) – ein ganze Ecke größer aus. Was das mit neuen Zielgruppen und der Reformationsdekade zu tun hat, darüber sprach Gesine Lübbers mit Felix Eichhorn vom EBW, der auch Koordinator des Projektbüros zur Reformationsdekade der westfälischen Landeskirche ist.
Was ist Oldtimer-Pilgern?
Eigentlich ist es fast so etwas wie ein Zufallsprodukt. In den Themenjahren der Reformationsdekade haben wir immer Ausschau nach ungewöhnlichen Ideen für Veranstaltungen, die zum Beispiel auch Kirchenfernere begeistern können, gehalten. Vor vier Jahren wandte sich parallel Pfarrer Steffen Hunder aus der Essener Altstadtgemeinde mit der Idee einer Pilgerfahrt mit Oldtimern an das Pilgerbüro, das ebenfalls im EBW beheimatet ist. Hunder, Dirk Heckmann von der Erwachsenenbildung des Kirchenkreises Unna und ich haben dann das Format entwickelt.
Aber was hat das mit Reformationsdekade und -jahr zu tun?
Wir haben das Pilgern immer mit den Themen der Dekadejahre verbunden. Im Jahr „Reformation und Politik“ 2014 haben wir nach Orten Ausschau gehalten, die damit zu tun haben. So haben wir beispielsweise Haus Villigst besucht, bei „Bild und Bibel“ 2015 besuchten wir eine Kirche, die jetzt als Künstleratelier genutzt wird, im Ökumenejahr 2016 haben wir eine Kirche, eine Moschee und eine Synagoge angefahren.
Im eigentlichen „Lutherjahr“ 2017 gab es dann Besonderes?
Ja genau. Sonst waren die Fahrten ja immer auf einen Tag begrenzt. 2017 haben wir eine dreitägige Fahrt zu den Lutherstätten in Mitteldeutschland angeboten. Unter anderem konnten wir mit den Oldtimern als Kolonne zur Wartburg hinauffahren oder haben mitten auf dem Marktplatz in Erfurt gehalten. Ein wenig Schaufahren gehört natürlich auch dazu. Wir haben unter anderem die nationalen Sonderausstellungen zum Reformationsjahr besucht und in Spezialführungen vor Ort viel über das Leben Martin Luthers erfahren. Aber eben etwas anders als auf einer klassischen Studienfahrt.
Oldtimerfans treffen sich ja häufig zu Ausfahrten. Was ist beim Oldtimer-Pilgern anders?
Als evangelische Erwachsenenbildung legen wir immer auch Wert darauf, dass wir kleine Andachten oder geistliche Impulse während der Fahrt integrieren. Und das wird erfreulicherweise von allen gerne mitgemacht. Diese spirituelle Komponente ist bewusst gewünscht und ist unser Merkmal. Das Innehalten und Entschleunigen im Alltag, beides ist wesentliches Element dieses Angebots.
Dazu passt auch gut, dass Oldtimerfahrer eher in gemäßigtem Tempo und auf Landstraßen fernab der hektischen Autobahnen unterwegs sind. Ich glaube, auch das trägt zu einer anderen Wahrnehmung der Dinge, die einen umgeben, bei. Außerdem haben wir einen Teil der Teilnahmegebühren immer für ein kirchlich unterstütztes Sozialprojekt gespendet. Auch das kommt sehr gut an.
Apropos Kirchenferne. Wie ist denn die Mischung?
Es ist erstaunlich, wie viele Pfarrerinnen und Pfarrer einen Oldtimer fahren (lacht). Aber es fahren auch Menschen mit, die keine oder kaum Berührung mit der Kirche haben, sich aber bei einem interessanten Thema gerne darauf einlassen. Man kann sagen, dass es inzwischen einen festen Stamm von Mitfahrenden gibt, aber in jedem Jahr auch wieder neue Teilnehmende dazu kommen. Das Oldtimer-Pilgern ist auf jeden Fall eine Möglichkeit, die Menschen über ihre Begeisterung für ihr Hobby abzuholen. Und es geht weiter: Das Programm für den Oldtimer-Pilgertag 2018 steht schon.
Gilt das auch für das andere im EBW in der Reformationsdekade entstandene Format, den Poetry- beziehungsweise Science-Slam?
Ja. Auch hier holen wir die Menschen bei ihrer Begeisterung für die Slam-Bewegung ab – also für spitzfindige Worte und leicht erklärte Wissenschaft. Inzwischen ist das ein festes Format in der Dortmunder Reinoldikirche und auch in anderen Regionen Westfalens. Auch hier haben wir uns an den Themen der Dekadejahre orientiert.
Wie geht es weiter nach dem „Lutherjahr“?
Ab Herbst übernehme ich beim EBW neue Aufgaben als Studienleiter für politische und kulturelle Bildung und für die Fortbildung von Haupt- und Ehrenamtlichen. Gute Ideen aus den letzten fünf Jahren werden weitergeführt und ich hoffe, dass wir gemeinsam in unserer Kirche noch weitere ungewöhnliche Formate entwickeln können, die möglichst viele Menschen anlocken. Vielleicht lassen sich manche Projekte ja auch mit Blick auf den Deutschen Evangelischen Kirchentag 2019 in Dortmund hin neu oder weiterentwickeln.