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Steigende Kosten, fallende Preise: Altkleidersammlung vor dem Kollaps

Während Altkleiderberge wachsen, sinkt deren Wert. Für gemeinnützige Sammler wie Malteser oder Rotes Kreuz sind die Kosten kaum noch zu tragen. Die Organisationen drängen auf finanzielle Unterstützung.

Gemeinnützige Altkleidersammler wie die Malteser, Kolping, Caritas oder das Deutsche Rote Kreuz stehen nach eigenen Angaben unter massivem wirtschaftlichen Druck. “Wir wissen nicht, ob wir am Ende dieses Jahres noch Container draußen stehen haben werden”, erklärte ein Sprecher des Malteser Hilfsdienstes auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Die Hilfsorganisation sammelt in 7.700 Containern deutschlandweit aussortierte Kleidung. Thomas Ahlmann, Geschäftsführer des Dachverbands der gemeinnützigen Sammler FairWertung, sagte: “Es fragen sich derzeit alle Sammler, ob und wann sie die Reißleine ziehen sollen. Die gemeinnützige Sammelinfrastruktur, wie wir sie in Deutschland kennen, steht akut im Feuer.”

Grund dafür ist die Situation auf dem Altkleidermarkt. So sind seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs Absatzmärkte in Osteuropa – vor allem die Ukraine und Russland – weggebrochen. Weiterhin nimmt die Menge der Altkleider zu, während ihre Qualität gleichzeitig sinkt. Denn in den Containern landet immer mehr Ultra Fast Fashion, die zum Weiterverkauf ungeeignet ist. Alles zusammen sorgt für fallende Preise bei Alttextilien. “Auch zwei größere Sortier-Unternehmen für Altkleider, mit denen wir bisher zusammengearbeitet haben, sind bereits insolvent”, berichtet der Malteser-Sprecher weiter. “Wir halten uns noch mit einem Sortier-Betrieb dank langjähriger Partnerschaft über Wasser.”

Die Malteser rechnen vor, dass sie pro Tonne Altkleider am Markt aktuell im Schnitt 135 Euro bekommen, mindestens 200 Euro müssten es aber für eine schwarze Null sein. “Schwankungen haben wir schon immer erlebt. Aber noch nie so niedrige Preise”, sagte der Sprecher. Auch der Geschäftsführer der Kolping Recycling GmbH, Stephan Kowoll, erklärte: “Wenn die Erlöse weiter zurück gehen, ist die Zukunft der gemeinnützigen Sammlungen unsicher.” Kolping hat bundesweit rund 2.600 Container für Altkleider aufgestellt.

Die Sammler können schon jetzt ihre Kosten für Containerstellung, Sammlung und Verwaltung häufig nicht mehr stemmen. Vom Deutschen Roten Kreuz heißt es: “Das DRK verzichtet auf wichtige Erlöse aus der Sammlung.” Die ersten Sammler geben deswegen bereits auf. So erklärte eine DRK-Sprecherin weiter: “In einzelnen Kommunen mussten sich DRK-Sammler in den vergangenen Monaten aus der Sammlung zurückziehen.”

FairWertungs-Chef Ahlmann warnt: “Gehen die Strukturen einmal zu Bruch, lassen sie sich schwer wieder aufbauen.” Für den Mülltrennungsweltmeister Deutschland sei der befürchtete Kollaps der Sammelinfrastruktur ein teurer “ökologischer Wahnsinn”. “Altkleidung wird dann im Restmüll landen und verbrannt werden. Das ist nicht nur für Umwelt und Klima schlecht, sondern kostet auch”, sagt er. Die Kommunen müssten die Sammlung und Entsorgung dann komplett übernehmen. Sammlern wie den Maltesern entgehen zudem Einnahmen, mit denen sie ihre Dienste mitfinanzieren.

Der Dachverband fordert angesichts der zugespitzten Lage rasche Hilfe von der Politik und der Verwaltung. Laut Ahlmann müssen die Sammler erstens von Stellplatz- und anderen Gebühren befreit werden; zweitens müssten sie Fremd- und Störstoffe in den Containern – etwas Farbeimer – künftig kostenlos entsorgen dürfen; drittens sollten sich die Kommunen übergangsweise an den Kosten für die gemeinnützige Sammlung beteiligen.

Der Vereinsgeschäftsführer hofft darauf, dass in den kommenden Wochen und Monaten viele Altkleidersammler mit den Kommunen vor Ort in dieser Hinsicht einig werden. Das DRK berichtet, dass einige ihrer Sammler mit Verwertungsgesellschaften und Kommunen Lösungen gefunden hätten und dadurch weiter sammeln könnten. Das Rote Kreuz appelliert zudem an weitere Kommunen, dass sie sich bewusst sein sollten, “welchen Wert die Sammlung durch gemeinnützige Sammler” habe.

Diese warten auch auf die Einführung einer sogenannten erweiterten Herstellerverantwortung in Deutschland, die spätestens 2028 kommen soll. Mit ihr soll eine Gebühr für Modehersteller wie H&M, Zara und Co. eingeführt werden, um damit das Recycling oder die Entsorgung ihrer produzierten Kleidung zu finanzieren. “Bis dahin ist der Markt für Altkleider in Deutschland möglicherweise schon nicht mehr da”, lautet die düstere Prognose eines Malteser-Sprechers.

Auch FairWertungs-Chef Ahlmann betont: “Bis dahin brauchen wir unbedingt Überbrückungshilfe.” Zudem sei noch vieles an dem geplanten Gesetz unklar – etwa, an wen die Gebühr fließen soll. Ahlmann fordert: “Es ist dringend an der Zeit, dieses Gesetz zu schreiben und die entsprechende Struktur dafür aufzubauen.”