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Starker Anstieg psychischer Erkrankungen bei Mädchen

Während der Corona-Pandemie ist die Zahl psychisch erkrankter Jugendlicher in Rheinland-Pfalz und insbesondere von Mädchen stark gestiegen. Dies ergeben Vergleichszahlen zwischen 2017 und 2022, die die Krankenkasse DAK Gesundheit am Dienstag in Frankfurt am Main veröffentlichte. Unter den Jugendlichen seien die Mädchen im Alter von 15 bis 17 Jahren am häufigsten wegen Depressionen, Ängsten und Essstörungen in ärztlicher Behandlung.

Im Einzelnen stieg bei ihnen die Neuerkrankungsrate bei Depressionen 2022 nur um ein Prozent im Vergleich zu 2021. Doch im Vergleich mit 2019, dem letzten Jahr vor Ausbruch der Corona-Pandemie, steht ein Anstieg von 29 Prozent. Bei Ängsten und Essstörungen sind nach dem DAK-Kinder- und Jugendreport die Trends noch ausgeprägter. Im Vergleich zu 2021 erkrankten rund 18 Prozent weniger Mädchen 2022 neu an Angststörungen – im Vergleich zu 2019 waren es aber 52 Prozent mehr. Bei Essstörungen gingen 2022 die Neuerkrankungen im Vergleich zum Vorjahr um fünf Prozent zurück. Mit Blick auf 2019 stiegen die Zahlen aber um 83 Prozent an und liegen so stark über dem Vor-Corona-Niveau.

„Wir nehmen an, dass viele Jugendliche aufgrund der Belastungen der Jahre seit 2020 weniger Fähigkeiten zur Stressregulation und soziale Kompetenzen entwickelt haben, um anstehende Entwicklungsaufgaben zu bewältigen“, sagte die stellvertretende Chefärztin Susanne Lieb vom Pfalzklinikum in Klingenmünster laut DAK Gesundheit.

Jungen im Jugendalter werden nach dem DAK-Report seltener aufgrund von psychischen Erkrankungen oder Verhaltensstörungen behandelt. So erhielten 2022 ein Drittel weniger 15- bis 17-jährige Jungen eine Neudiagnose in diesem Bereich als Mädchen. „Es gilt dafür zu sorgen, dass Therapieangebote Jungen erreichen, auch wenn diese in Belastungssituationen anders als Mädchen zu auffälligem Sozialverhalten neigen und deshalb psychische Störungen unterdiagnostiziert sein dürften“, sagte Lieb.

Die soziale Schicht spielt nach dem Report bei der Behandlung eine große Rolle: Während die Arztbesuche bei sozial benachteiligten Mädchen 2022 im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie um 22 Prozent zurückgegangen sind, haben sie bei Teenagern aus mittleren und hohen Schichten stark zugenommen. „Wir folgern aus den Daten, dass neue und niedrigschwellige Behandlungsformen entwickelt werden müssen, um bei Neuerkrankungen frühzeitig reagieren und damit einer Chronifizierung vorbeugen zu können“, sagte Lieb.

Für die DAK-Sonderanalyse im Rahmen des Kinder- und Jugendreports untersuchten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von Vandage und der Universität Bielefeld Abrechnungsdaten von rund 48.000 Kindern und Jugendlichen bis einschließlich 17 Jahren, die bei der DAK-Gesundheit versichert sind. Analysiert wurden anonymisierte Versichertendaten aus den Jahren 2017 bis 2022.