Einem archäologischen Krimi gleicht die Ausgrabung am Ostufer des Jordan, wo Archäologen vor zwanzig Jahren erstmals anhand der Bibel und von Pilgerberichten des 4. und 6. Jahrhunderts die Taufstätte Jesu lokalisieren konnten. Unter bis zu zwanzig Meter mächtigen, in Jahrhunderten vom Jordan angeschwemmten Schlammschichten stießen sie auf riesige Taufbecken für erste Massentaufen und auf die Fundamente dreier Kirchen.
Riesige Taufbecken für erste Massentaufen
Weiterer „Beweis“: Im Ort Madaba wurde bei der Renovierung der St.Georgs-Kirche eine Karte des „Heiligen Landes“ aus dem 6. Jahrhundert entdeckt, die aus unendlich vielen Mosaiksteinchen besteht mit der deutlich markierten Taufstätte am östlichen Jordan-Ufer. Sogar der Hügel, von dem aus der Prophet Elias in einem feurigen Wagen gen Himmel gefahren sein soll (2. Könige 2,1-18), wurde lokalisiert. Tausende Touristen und Pilger besuchen inzwischen dieses Gebiet, in dem in den letzten Jahren Kirchen und Klöster wie Pilze aus dem Boden wachsen. Im Juli 2015 wurde die Taufstelle Christi als „Bethanien jenseits des Jordan“ (von Jerusalem aus beschrieben) in Bonn von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt.
Zwischen der Hauptstadt Amman und dem Toten Meer liegt dieses „Bethanien jenseits des Jordan“. Von Amman kommend, hält Fahrer Achmad plötzlich am Straßenrand – wegen eines Schildes: „Sea-Level“ steht darauf. „Dead Sea 18 km“ auf einem anderen. Daneben zeigt ein Geländeschnitt, dass wir eigentlich gleich unter Wasser weiterfahren müssten bis zum Toten Meer, das demnach 390 Meter unter dem Meeresspiegel liegt. Diese Angabe ist längst überholt. Inzwischen sind es bereits über 420 Meter, erfahren wir.
Extrem hoher Salzgehalt im Toten Meer
Am Toten Meer angekommen erleben wir ein weiteres Kuriosum: Wie ein Korken schaukeln wir auf dem Wasser, dem der hohe Salzgehalt von 28 Prozent nicht anzusehen ist, das Mittelmeer hat etwa 3,8 Prozent, die Nordsee rund 3,5 Prozent. Es ist gar nicht einfach, das Gleichgewicht zu halten, um in dem Buch lesen zu können, das wir extra für dieses Experiment mitgebracht haben. Schwimmen kann man schon gar nicht. Das tun wir jedoch ausgiebig in den neun, von Palmen umstandenen großen Swimmingpools des märchenhaften Hotels, die wir alle nacheinander ausprobieren.
Ein weiterer eindrucksvoller Moment: Als wir abends bei Kerzenschein unter Palmen köstlich speisen, leuchten die Lichter von Palästina und Israel am anderen Ufer des Toten Meeres zu uns herüber. Es ist so ruhig, so idyllisch, dass wir uns fragen: Warum kann kein Frieden sein unter den Menschen.
In Gesprächen während der Reise durch Jordanien hören wir immer wieder, dass König Abdullah II. die Friedenspolitik seines verstorbenen Vaters, der mit Erfolg immer wieder vermittelt hat zwischen den arabischen Ländern und Israel, ebenfalls mit Erfolg fortsetzt und hoch geachtet ist. Über zwei Millionen Flüchtlinge aus Syrien leben im grenznahen Gebiet in Jordanien mit Schulen, Kindergärten, Ausbildung für Jugendliche. Und sie dürfen auch arbeiten, wo sie wollen. „Es sind unsere Brüder. Wir gehören zusammen. Natürlich nehmen wir sie auf in dieser schrecklichen Zeit“, hören wir immer wieder. Keine Klagen über die vielen Flüchtlinge.
Viele archäologische Ausgrabungen
Weiter im Süden zeigt sich eine phantastische Landschaft, die sich nach Osten und Süden in gigantischen Bergformationen von ocker über rötlich, weiß und braun bis tiefschwarz zeigt. Das Salz des Toten Meeres überzieht die Ufer mit einem weißen Schleier. Archäologen fanden hoch oben über dem See die Höhle, in die Lot mit seinen zwei Töchtern flüchtete nach der Vernichtung von Sodom und Gomorra. Davor wurde später eine byzantinische Kirche mit Kloster gebaut. In der Nähe ist auch die versteinerte Frau Lot als Felsgebilde zu bestaunen. Am Fuße des Berges überrascht ein weißer Rundbau. Es ist ein neues großes Museum mit interessanten Funden dieser jahrtausende alten geschichtsträchtigen Region. Durch eine Glasscheibe sieht man die Restauratoren bei ihrer Arbeit.
Im wuseligen Ort Madaba überzeugen wir uns in der St. Georgs-Kirche auf der Mosaik-Landkarte, dass die biblischen Orte tatsächlich akkurat genau dort angegeben sind, wo die Archäologen sie fanden.
Zwischen dem Toten Meer und der berühmten Felsstadt Petra liegt eine Lodge in absoluter Einsamkeit und Stille mitten in einem Beduinengebiet ohne elektrisches Licht. Funkelnder Sternenhimmel fasziniert in der Nacht. Beduinen kochen für die Gäste, bieten Wanderungen an, erklären ihre Lebensweise. Ali, der uns über eine marsähnliche Landschaft zu einer antiken Kupfermine führt, Pflanzen, Gesteine und Tiere erklärt, lädt uns in ein typisches Zelt aus schwarzem Ziegenhaar ein. „Kaffee zu bereiten, ist Männersache“, sagt er, während er die Bohnen röstet, zerstampft, Kardamom hinzufügt und heißes Wasser. Er wird in kleinen Schlückchen getrunken und schmeckt köstlich.
Faszinierende Landschaften begeistern Touristen
Zum Sonnenuntergang führt er uns vorbei an einer Schule, in der acht Lehrer 56 Schüler bis zur achten Klasse unterrichten. Von Beginn an lernen die Kinder englisch. Der Muezzin ruft zum Abendgebet. Die Sonne versinkt mystisch hinter den kahlen Bergen. Sterne und Mond beleuchten den Rückweg.