Hamburg ist bekannt für Sexarbeit, vor allem rund um die Reeperbahn, aber auch im Stadtteil St. Georg beim Hauptbahnhof. Die Beratungsstelle „Sperrgebiet St. Georg“ feiert am Donnerstag ihr 40-jähriges Jubiläum. Gemeinsam mit dem „Sperrgebiet St. Pauli“ gehört die Einrichtung zur Fachberatungsstelle Prostitution der Diakonie Hamburg und richtet sich an Frauen, zu denen das Sperrgebiet auch Transfrauen zählt, die in der Sexarbeit tätig sind.
Im Sperrgebiet St. Georg können sich die Frauen beraten lassen, an medizinischen Sprechstunden teilnehmen, Lebensmittel von der Tafel abholen oder einfach einen Kaffee trinken. „Das Sperrgebiet arbeitet niedrigschwellig, anonym und akzeptierend und insbesondere am Standort St. Georg steht auch die Grundversorgung an oberster Stelle. Es ist im Bereich der Sexarbeit unabdingbar, dass Sexarbeiter*innen Beratung erhalten, ohne dabei Stigmatisierung zu erfahren“, erklärte Anne Wieckhorst, Leitung der Fachberatungsstelle Prostitution der Diakonie Hamburg.
Das Team der Fachberatungsstelle Prostitution besteht aus zehn Sozialarbeiterinnen, die an den Standorten St. Georg und St. Pauli arbeiten. Außerdem biete St. Georg einmal wöchentlich eine kostenlose juristische Beratung durch eine Anwältin. Zweimal wöchentlich gebe es die Möglichkeit, auch ohne Krankenversicherung, kostenlos mit einer Ärztin zu sprechen. Verschiedene Sprachmittlerinnen unterstützen die Fachberatungsstelle, damit Beratungsgespräche unter anderem auch auf Spanisch, Rumänisch oder Bulgarisch durchgeführt werden können.
Viele Frauen kämen regelmäßig in das Sperrgebiet St. Georg. Im vergangenen Jahr hat die Fachberatungsstelle St. Georg Kontakt zu 437 unterschiedlichen Frauen, die in der Sexarbeit tätig sind, gehabt. Pro Öffnungszeit besuchen rund 30 Frauen die Fachberatungsstelle. Ein klassisches Beratungsgespräch gebe es nicht, die Frauen hätten verschiedene Anliegen, aus denen sich häufig auch weiterer Beratungsbedarf ergebe.
„In St. Georg bearbeiten die Sozialarbeiterinnen insbesondere Themen zu Wohnungslosigkeit und Wohnungssuche, Schulden, ausländerrechtliche Anliegen oder unterstützen beim Zugang zu Leistungen“, sagte Leiterin Anne Wieckhorst. Die Stelle berate und unterstütze auch bei Um- oder Ausstiegswünschen aus der Sexarbeit. Jedoch sei ein Umstieg für Frauen aus St. Georg häufig mit Hürden verbunden. „Die Sozialarbeiterinnen versuchen flexibel bei jedem Thema zu beraten oder gegebenenfalls in das Netzwerk aus Beratungsstellen, die mit dem Sperrgebiet kooperieren, zu vermitteln.“
Ziel der Beratung im Sperrgebiet St. Georg sei es, einen Raum für die Frauen zu schaffen, indem sie sich wohlfühlen und keine Stigmatisierung erfahren. Die Sozialarbeiterinnen wollen sie dabei unterstützen, ihr Leben selbstbestimmt zu gestalten. Deutschkurse bieten den Besucherinnen „mehr Möglichkeiten, zum einen sicherer in der Sexarbeit zu arbeiten, als auch bei Bedarf einen anderen Beruf zu ergreifen“, erklärte Wieckhorst. Außerdem würden die Frauen in verschiedenen „lebensnahen Anliegen“ unterstützt, zum Beispiel beim Erstellen einer E-Mail-Adresse oder dem Einrichten eines Smartphones, um für Vermieterinnen und Vermieter oder das Jobcenter erreichbar zu sein.
Das Sperrgebiet St. Georg befindet sich in Trägerschaft der Diakonie Hamburg und werde durch die Sozialbehörde der Stadt finanziert. Für seine Arbeit ist das Team der Fachberatungsstelle auch auf Spenden angewiesen, unter anderem im Rahmen des medizinischen Angebotes und bei den Deutschkursen. Auch Sachspenden, wie Shampoo, Make-up oder Kleidung, die direkt den Besucherinnen zugunsten kommen, werden angenommen.