„Pauschale Minderausgaben“ im sozialen Bereich. So die Vorgabe des Berliner Finanzsenators, um das Dreimilliardenloch zu schließen und den nächsten Haushalt hinzubekommen. Ein mehr als euphemistischer Begriff, der auch die diakonische Arbeit der evangelischen Kirche in der Hauptstadt treffen wird. In den zehn Berliner Kirchenkreisen fragen sich Verantwortliche, welche Einrichtung für Notleidende mitten im Winter geschlossen werden muss. Wo wird unmittelbare Hilfe für den Frierenden, für Frauen auf der Straße, für Familien in der Not und für Menschen am Rande unserer Gesellschaft eingestellt werden müssen?
Diakonie ist die Wesensäußerung der evangelischen Kirche. Nicht etwa ein nettes „nice to have“ neben Seelsorge, Verkündigung, Unterricht und Kirchenmusik. Sondern unabdingbar das Hinunterbeugen zum Allernächsten. „Ich steh an deiner Krippen hier“ wird in der Advents- und Weihnachtszeit zum billigen Kitsch, wenn wir uns angesichts des in der Krippe Liegenden nicht an die Mission erinnert wissen, Kleidung, Obdach und Schutz als evangelische Kirche in Berlin zu spenden.
Diakonie ist nicht verhandelbar. Diakonie ist unabdingbar, damit die Kälte in den Straßenschluchten unserer Stadt nicht zur Herzenskälte gerinnt. So hoffen wir in diesen Wochen vor einer endgültigen Entscheidung des regierenden Senats, dass die geplanten Einsparungen die diakonische Arbeit in ihren Grundfesten nicht erschüttert. Und dann können wir hoffentlich sagen und singen: „So können wir den Menschen dienlich sein!“
Folgen des Sparens erst in einigen Jahren zu spüren
Durch die geplanten Kürzungen wären zahlreiche soziale Projekte und Einrichtungen gezwungen, ihre präventive Arbeit massiv einzuschränken oder gar aufzugeben. Die Folgen für die Gesellschaft würden wir wahrscheinlich erst in ein paar Jahren spüren. Doch dann ist es zu spät! Dann gäbe es keine funktionierenden Netzwerke mehr, die die Menschen auffangen, sie begleiten, sie ermutigen. Dann gäbe es keine Orte mehr, die Begegnung, Austausch, ein soziales Miteinander ermöglichen, die Verständnis, Empathie und Toleranz entwickeln und wo voneinander und miteinander gelernt wird.

In Reinickendorf ist konkret die Weiterfinanzierung des Projektes „Offenes Haus der Evangelischen Familienbildungsstätte“ in Trägerschaft der Evangelischen Familienbildung des Kirchenkreises gefährdet. Es ist ein Treffpunkt für Familien aller Generationen im Bezirk. Familien bekommen dort lebenspraktische und bedarfsgerechte Unterstützung für ihren Alltag, finden einen Lebensort, der Zeit und Raum für neue Erfahrungen und Mitmenschlichkeit gibt. Jenseits der Optimierungsmaxime. Familien in ihrer Vielfalt und in ihren verschiedenen Konstellationen und insbesondere die Kinder sind die Gestalter*innen der Gesellschaft von morgen. Ohne angemessene Unterstützung drohen soziale Ungleichheit, Bildungsdefizite und langfristige gesellschaftliche Probleme. Die Förderung von Familien, Kindern und Jugendlichen baut Barrieren ab, indem sie versucht, gleiche Startbedingungen für alle zu schaffen, ohne dass die soziale Herkunft den Lebensweg vorherbestimmt.
Soziale Träger wie die Diakonie sind keine Bittsteller
Präventive Angebote stärken die soziale Teilhabe, verhindern Ausgrenzung und schaffen Gemeinschaftssinn. Frühzeitige Förderungen verringern langfristige Kosten, zum Beispiel für soziale Sicherungssysteme und sorgen für eine gesunde demokratische Gesellschaft.
Die freien Träger der Familien sowie Kinder- und Jugendförderung werden wie Bittsteller behandelt, obwohl der Staat diese Aufgaben leisten müsste und sie nur stellvertretend an eben diese abgibt. Sie sind keine freiwilligen Leistungen, sondern eine notwendige Investition in die Stabilität und Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft! Kürzungen in diesen Bereichen könnten kurzfristig Kosten senken, würden jedoch langfristig hohe soziale und wirtschaftliche Schäden nach sich ziehen. Können wir das hinnehmen? Nein. Familien-, Kinder- und Jugendförderung sind unkürzbar.