Der Gründer der interreligiösen Salaam-Shalom-Initiative in Berlin-Neukölln, Armin Langer, sieht antijüdisches Gedankengut tief in der deutschen Gesellschaft verwurzelt. Deshalb dürfe das nicht wie eine Randerscheinung behandelt werden, sagte der jüdische Soziologe der „Berliner Zeitung“ (Freitag).
Auch sei der Antisemitismus in Deutschland keine „Importware, sondern im Gegenteil eher eine Exportware“. Europa habe seinen Hass auf Juden überall in der Welt verbreitet. „Natürlich gibt es auch in islamisch geprägten Ländern Antisemitismus, aber die antisemitischen Verschwörungsmythen, die heute so verbreitet sind in diesen Ländern, kamen aus Europa“, sagte Langer, der heute in den USA lebt und dort ein Rabbinatsstudium abgeschlossen hat.
Viele Statistiken bewiesen, dass mehr als 20 Prozent der deutschen Bevölkerung an solche Verschwörungen glauben und dass sich weniger als die Hälfte vorstellen kann, Juden als Deutsche wahrzunehmen: „Es gibt definitiv einen sehr verbreiteten Antisemitismus in Deutschland, auch unter Menschen ohne Migrationshintergrund. Man will das nur nicht so sehr wahrhaben.“
Die Probleme auf Migranten zu schieben, sei eine politische Strategie, sagte Langer weiter: „Es ist einfacher, über den Antisemitismus der anderen zu sprechen als über den eigenen Antisemitismus.“ Das Ganze finde im Kontext einer großen und populistischen Debatte über Migration statt: „Migrantenfeindliche Parolen kommen bei einem Teil der Bevölkerung sehr gut an, die AfD baut ein ganzes Programm darauf auf. Es ist also in jeder Hinsicht bequem, auf Einwanderer zu zeigen.“