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Sozialverband: Hamburger Nachhaltigkeitsbericht ist “Augenwischerei”

Der Sozialverband hat Teile des ersten Hamburger Nachhaltigkeitsberichts als „Augenwischerei“ kritisiert. Bis 2030 will die Stadt ihre mit den UN vereinbarten 17 Nachhaltigkeitsziele erreicht haben. „So, wie es jetzt läuft, wird Hamburg das nicht schaffen“, sagte Klaus Wicher, Hamburger Landesverbandschef des Sozialverbands Deutschland (SoVD), laut Mitteilung von Donnerstag. Das erste Kapitel über Maßnahmen gegen steigende Armut lasse „leider viel zu viele Fragen offen“. Immerhin sei man sich einig, dass der erfolgreiche Kampf gegen Armut Voraussetzung für das Erreichen der 17 Ziele ist. Jedoch behaupte die Stadt, „dass die Armut in der Stadt zurückgedrängt und Hamburg auf bestem Weg ist. Das ist aus meiner Sicht reine Augenwischerei. In Wirklichkeit sind wir weit davon entfernt“, sagte Wicher.

Die Stadt rede sich die Zahlen schön, hieß es. Im vergangenen Jahr lag Hamburg laut SoVD mit 19,3 Prozent auf Platz vier der von Armut bedrohten Bundesländer, knapp 350.000 Menschen seien betroffen. „Bedenkt man, dass es eine Dunkelziffer gibt, dürfte die Zahl um einiges höher sein“, sagte Wicher. Gleiches gelte für die Berechnung der Quote der Langzeitarbeitslosen nach SGB II, auch hier komme der Bericht zu dem erstaunlichen Ergebnis, dass ihre Zahl sinkt. „Damit ist klar: Der Nachhaltigkeitsbericht ignoriert an vielen Stellen Daten, die aussagekräftig wären“, kritisierte der Landesverbandschef.

Vor allem die Armutsgefährdung im Alter werde in den kommenden Jahren zunehmen, zum großen Teil werde es Frauen treffen: „Dieses Problem hat der Bericht zwar erkannt, aber es fehlt mir grundsätzlich an gut durchdachten, konstruktiven Lösungsansätzen“, beklagte Wicher. Die Stadt sollte sich zudem Ansätze anderer Städte und Gemeinden ansehen. Hamburg könnte nach bayerischem Vorbild zusätzlich Familien- und Pflegegeld zahlen. In München gebe es zudem einen Zuschuss zur Grundsicherung im Alter. Wicher: „Dies wären realistische Ansätze, mit denen Armut direkt bekämpft werden könnte.“

Auch geringverdienende Familien mit Kindern und Alleinerziehende bräuchten mehr Entlastung: „Wenn die Stadt den Kampf gegen Armut nachhaltiger machen will, muss sie aus eigenen Mitteln ein Familiengeld zahlen, denn das Leben hier ist besonders teuer“, forderte Wicher. Gesundes, kostenfreies Frühstück in Kindergärten und Schulen müsse obligatorisch sein, zudem brauche es mehr kostenlose kulturelle und sportliche Angebote sowie kostenfreien öffentlichen Personennahverkehr. „Dort, wo der Bund soziale Leistungen kürzt, müsste die Stadt ausgleichen“, sagte der SoVD-Landeschef.