Kiel/Flensburg. Dass unsere Gesellschaft vielfältiger wird, ist auch in den Religionsstunden in Schleswig-Holstein zu beobachten: Rein evangelische Lerngruppen gibt es immer seltener. Ist da der konfessionelle evangelische Religionsunterreicht noch zeitgemäß? Oder sollte ein konfessionsübergreifender Unterricht erteilt werden, in dem alle Schüler, unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit, gemeinsam unterrichtet werden, wie es sich die Landesregierung laut Koalitionsvertrag vorgenommen hat? Um darüber qualifiziert diskutieren zu können, ist jetzt erstmals in einer umfassenden Studie der Status des Religionsunterrichts in Schleswig-Holstein untersucht worden.
„ReVikoR“ ist der Titel der Studie, das steht für „Religiöse Vielfalt im konfessionellen Religionsunterricht“. In Auftrag gegeben hat sie das Landeskirchenamt. In Zusammenarbeit mit der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und der Universität Flensburg sowie in Abstimmung mit dem Ministerium für Bildung und Wissenschaft und dem Pädagogisch-Theologisches Institut der Nordkirche (PTI) wird drei Jahre lang die Sicht der Lehrer und der Schüler auf ihren Unterricht erforscht.
Lehrer wollen religiöse Vielfalt
Unter der wissenschaftlichen Leitung der Theologie-Professorin Uta Pohl-Patalong aus Kiel und dem Theologie-Professor Johannes Woyke aus Flensburg hat ein kleines Team aus Nachwuchswissenschaftlern diese gefragt, wie sich die religiöse Vielfalt in den Klassen auswirkt. Die Ergebnisse aus der Befragung der Lehrer wurden jetzt veröffentlicht.
4300 Lehrkräfte in Schleswig-Holstein unterrichten in 8700 Lerngruppen evangelische Religion, sie alle haben einen Fragebogen erhalten. 1283 von ihnen haben die Fragen beantwortet. Neben dieser quantitativen Erhebung wurden 33 ausführliche Interviews mit repräsentativ ausgewählten Lehrkräften geführt.
Ein wichtiges Ergebnis ist für Uta Pohl-Patalong, dass Lehrkräfte bewusst mit der Zusammensetzung ihrer Klassen arbeiten: „Das Bewusstsein für die religiöse Vielfalt ist in den Köpfen und in den Herzen längst angekommen, es schlägt sich auch in der Unterrichtsvorbereitung nieder“, sagt sie. „Es geht heute nicht um ,evangelische Unterweisung‘, das konnten wir eindeutig belegen.“
Ein klares Bild zeigt sich bei der Frage, ob die Klassen für den Religionsunterricht nach Konfessionen oder Religionen getrennt werden sollten: Die große Mehrheit der Lehrkräfte, rund 90 Prozent, spricht sich dagegen aus. Gerade der Religionsunterricht sei ein guter Ort, das tolerante und offene Zusammenleben in einer pluralen Gesellschaft zu üben, ist ein häufig genanntes Argument.