„Die Sorge um andere Menschen gibt dem Leben Sinn“, so lautete kürzlich eine Schlagzeile. „Die allermeisten, die ihr Leben als sinnvoll erfahren, sorgen sich um andere. Ob es sich dabei um eigene Kinder handelt, ist für das Sinnerleben nicht so wichtig“, schrieb die Psychologin Tatjana Schnell in einem Beitrag für die „Zeit“-Beilage „Christ und Welt“. Bestimmt gibt es dem Leben eine neue Bedeutung, wenn man Kinder hat. Manche Eltern sagen, ihr Leben habe dadurch an Tiefe gewonnen. Ganz sicher aber kann auch ein Leben ohne Kinder voller Sinn sein. Es gibt viele Menschen, um die man sich sorgen und kümmern kann.
Die Frage nach dem Sinn beschäftigt den Menschen seit jeher. Krisenzeiten verstärken die Sinnsuche. Da wird den Menschen klarer, was ihnen wirklich wichtig ist. Und Krisen gibt es wahrlich mehr als genug – wenn auch wir in Deutschland längst nicht immer direkt betroffen sind, wie etwa von den Hungersnöten in Afrika oder von Kriegen.
Ein weiterer Aspekt, der die Suche nach dem Sinn im Leben verstärkt, ist die Vielfalt. Gerade die jüngeren Generationen haben fast unüberschaubare Möglichkeiten, ihr Leben zu gestalten. Das kann dazu führen, in sich hineinzuhören und vieles zu hinterfragen.
Schlendert man derzeit durch Buchläden, findet man eine Menge Bücher rund um die Frage: „Wer bin ich?“ Themen wie Selbstfindung und Lebensgestaltung scheinen im Trend zu liegen. Viele Verlage bringen Dankbarkeitstagebücher auf den Markt. In den sozialen Netzwerken geben „Sinnfluencer“ Tipps für ein erfülltes Leben.
Deutlich wird fast überall, dass der Blick auf das Leben hilft: Wer vor allem das sieht, was fehlt, wird eher unzufrieden und neigt dazu, das Leben in Frage zu stellen. Wer dagegen mit dankbarem Blick sein Leben betrachtet, findet leichter zu einem Sinn im Dasein. Wer mit sich im Reinen ist, ist glücklicher.
Außerdem ist tatsächlich die Sorge um und für andere Menschen ein wesentlicher Aspekt, um das eigene Leben als sinnvoll zu erachten. Ohne Beziehungen zu anderen verkümmert der Mensch.
Gleichzeitig erfordert das Kümmern und in Kontakt sein mit anderen eine entsprechende Selbstfürsorge. Nur wer gut mit sich selbst klarkommt und für sich sorgen kann, kann sich entsprechend um andere kümmern. Wer nicht auf sich achtet, blutet schnell aus.
Das weiß schon die Bibel. Nicht umsonst heißt das wichtigste Gebot: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und mit all deiner Kraft. Das andere (Gebot) ist dies: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (Markus 12, 30-31).
Mit anderen Worten: „Liebe Gott und lass dich von ihm lieben und leiten, dir Kraft geben. Kraft, um dich selbst zu lieben – und deine Mitmenschen.“ Was das genau bedeutet, kann nur jeder und jede für sich selbst sagen. Manche Menschen brauchen viel Kontakt, andere weniger. Die einen engagieren sich in der Kirchengemeinde oder bei der Bahnhofsmission, andere im Sportverein oder sie kümmern sich um Familie und Freunde. Mal ist eher die Selbstliebe dran, dann wieder mehr die Nächstenliebe.
Gefühle erlebt man unmittelbar. Sinn dagegen verlangt nach einer Einordnung, warum und wozu ein Verhalten gut ist. Es lohnt sich, darüber einmal ausgiebig nachzudenken, was dem Leben Sinn gibt und wo vielleicht Veränderung ansteht.