Hochdotierter Preis für jahrzehntelange Forschung: Karl-Heinz Kohl erhält den diesjährigen Sigmund-Freud-Preis und kann sich über 20.000 Euro freuen. Jury: Durch den Ethnologen Kohl haben Europäer gelernt, wer sie sind.
Der Religionswissenschaftler Karl-Heinz Kohl erhält den Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa 2024. Mit seinem Schaffen gelinge es ihm, die historische Urteilskraft der Leser zu schärfen, teilte die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung am Freitag in Darmstadt mit. Der Preis ist mit 20.000 Euro dotiert und soll am 2. November in Darmstadt verliehen werden.
“In seinem Werk lernen die Europäer erst durch die Anerkennung der indigenen Kulturen, wer sie selber sind”, heißt es in der Jury-Begründung. Kohl (75) wurde in Fürth geboren und studierte unter anderem Religions- und Geistesgeschichte in Erlangen und an der Freien Universität in Berlin, wo er sich 1986 habilitierte.
1989 wurde er an den ethnologischen Lehrstuhl der Universität Mainz berufen. 1996 übernahm er die Professur für Kultur- und Völkerkunde am Institut für Ethnologie an der Goethe-Universität Frankfurt und die Leitung des Frobenius-Instituts für kulturanthropologische Forschung, die er bis 2016 innehatte. 2001/02 lehrte er an der New School for Social Research in New York; 2019/20 übernahm er die Gastprofessur am Münchner Zentrum für Antike Welten der Ludwig-Maximilians-Universität.
Von 2007 bis 2011 war er Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde. Seine Forschungen führten ihn nach Ostindonesien, Nigeria, Mikronesien und in die USA.
Kohl ist Autor und Herausgeber zahlreicher Publikationen, darunter die Einführung “Ethnologie – die Wissenschaft vom kulturell Fremden” (1993/2012), “Die Macht der Dinge. Geschichte und Theorie sakraler Objekte” (2003), “Das Humboldt Forum und die Ethnologie. Ein Gespräch zwischen Karl-Heinz Kohl, Fritz Kramer, Johann Michael Möller, Gereon Sievernich und Gisela Völger” (2019) und zuletzt “Neun Stämme. Das Erbe der Indigenen und die Wurzeln der Moderne” (2024).
Der Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa wird seit 1964 verliehen. Preisträger waren unter anderen Hubert Wolf, Wolfgang Kemp, Peter Sloterdijk und Barbara Stollberg-Rilinger.