Russlands Staatschef Putin hat zu Ostern nicht nur eine Messe besucht, sondern kündigte auch eine Waffenruhe an. Der ukrainische Präsident Selenskyj beschuldigt die russische Armee jedoch, weiter anzugreifen.
Die Ukraine wirft Russland eine Missachtung der von Kreml-Chef Wladimir Putin ausgerufene Oster-Feuerpause vor. Die russische Armee wolle den Eindruck eines Waffenstillstands erwecken, versuche aber vereinzelt vorzurücken und der Ukraine Verluste zuzufügen, erklärte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Sonntag. Er sprach von 59 Fällen von Artilleriebeschuss und fünf Angriffen russischer Einheiten an der Front.
Selenskyj hatte sich kurz davor erneut bereit erklärt, “so konstruktiv wie möglich” einem Frieden näherzukommen. “Der Vorschlag für eine vollständige und bedingungslose 30-tägige Waffenruhe liegt weiterhin auf dem Tisch – die Antwort darauf muss von Moskau kommen”, betonte er.
Putin hatte am Samstag überraschend aus “humanitären Erwägungen” eine 30-stündige Feuerpause zum orthodoxen Osterfest angekündigt. Sie soll um 24 Uhr Moskauer Zeit (23 Uhr deutscher Zeit) enden. Bei einem Treffen mit dem Chef seines Generalstabs, Waleri Gerassimow, wünschte das Staatsoberhaupt allen orthodoxen Soldaten, die für Russland kämpften, ein frohes Osterfest.
Wie üblich besuchte Putin die nächtliche Ostermesse in der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale, die der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. zelebrierte. Der Präsident stand mit großem Abstand zu den Gläubigen neben Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin und bekreuzigte sich mehrmals. In der Hand hielt er eine brennende rote Kerze. Auch der Papstbotschafter in Russland, Erzbischof Giovanni d’Aniello, und Moskaus katholischer Erzbischof Paolo Pezzi nahmen laut Angaben der russisch-orthodoxen Kirche an der Messe teil.
In seinen vom Kreml verbreiteten schriftlichen Glückwünschen zu dem hohen kirchlichen Feiertag erklärte Putin, das Osterfest bringe “uns Liebe und Hoffnung, den Glauben an das Gute und die Gerechtigkeit und vereint uns um beständige geistige und moralische Ideale”. Patriarch Kyrill I. nahm zu Beginn der knapp dreistündigen TV-Übertragung in einer Ansprache an die Zuschauer auch kurz Bezug zum Krieg: “Ostern ist der Tag des Sieges. Wir wissen, dass es einen Tag des Sieges gibt, der mit dem Sieg im Krieg verbunden ist, und Ostern ist der Tag des Sieges, der mit dem Sieg über den schrecklichsten Feind verbunden ist, über den Teufel, über die Mächte des Bösen, die die Welt vollständig beherrschten.”
Kyrill I. ist ein Verbündeter Putins. Er bezeichnete 2024 den Kampf der russischen Soldaten gar als “heiligen Krieg”. In orthodoxen Gottesdiensten in Russland wird auf Anordnung des Kirchenoberhaupts seit 2022 regelmäßig für den Sieg gebetet. In der Ostermesse sprach der Patriarch dieses Gebet für die sogenannte heilige Rus selbst. Priester, die das Wort “Sieg” in der Vergangenheit durch “Frieden” ersetzt hatten, wurden suspendiert.