Wer hat an der Uhr gedreht? Ungeduld, Hast und Rastlosigkeit scheinen zunehmend den Alltag zu beherrschen. Viele haben so viel zu tun, dass die wichtigen Dinge im Leben oft auf der Strecke bleiben. „Stopp!“, ruft die evangelische Kirche mit ihrer Fastenaktion „7 Wochen Ohne“. Zwischen Aschermittwoch (1. März) und Ostersonntag (16. April) sollen sich Teilnehmer im Innehalten, Nachdenken und der Kunst der Pause üben.
Tatsächlich müssen immer mehr Menschen immer mehr Dinge in knapp bemessener Zeit unterbringen. Allerlei digitales Gerät hat sich als Zeitfresser breitgemacht, vom Smartphone bis zum Tablet, Facebook und Twitter fordern Aufmerksamkeit. Daher, mahnt die Aktion „7 Wochen Ohne“, müssen Momente zum Innehalten in den Alltag eingebaut werden.
Gerade was die sozialen Netzwerke angeht, heißt es: „Global vernetzt und ganztägig online, sind wir mit Kommentaren, Antworten, Sprüchen schnell zur Stelle. Besser wäre: kurz innehalten, abwägen und ,erbauliche‘ Worte suchen.“
Seit mehr als 30 Jahren nehmen nach Angaben der Veranstalter Millionen Menschen an „7 Wochen Ohne“ teil. Die Themen für die sieben Wochen lauten in diesem Jahr unter anderem: „Nicht sofort entscheiden“, „Nicht sofort lospoltern“ oder „Nicht sofort aufgeben“. Die erste Woche steht unter dem Motiv „Alles hat seine Zeit“, aus dem Buch des Predigers im Alten Testament, einer Sammlung von Weisheitssprüchen.
Selbst Gott hat laut Bibel bei der Erschaffung der Welt am siebten Tag eine Pause eingelegt. Doch Nichtstun ist in der westlichen Kultur als Müßiggang oder Faulenzen verpönt. Viele fühlen sich schuldig, wenn sie nicht wenigstens irgendetwas tun. Dem hält der Theologe und Schriftsteller Fulbert Steffensky entgegen: „Zu einem guten Arbeiter gehört es, dass er aufhören kann zu arbeiten, und dass er keine Angst vor der Ruhe hat. Es gibt eine Emsigkeit, die nur getarnte Faulheit ist. Ich misstraue dem Fleiß derer, die ewig betonen, sie hätten keine Zeit“, etwa für Musik, oder für ein Buch, heißt es in einem Beitrag des 83-Jährigen für den „7 Wochen Ohne“-Kalender.
Die Fastenaktion der Protestanten empfiehlt gestressten Zeitgenossen zudem, nicht sofort zu entscheiden, nicht sofort auf alles zu reagieren: „Gute Lösungen brauchen Zeit“, heißt es im Begleitkalender der Aktion. Der Geist brauche Lücken und Unterbrechungen im Alltag, damit er Atem holen kann. „Besinnung ist ein Moment der Weisheit. Sie schützt unsere Freiheit und sie schützt andere vor uns selbst“, betont Steffensky.
Für Breit-Keßler sind die Themen Entschleunigung und mehr Bewusstheit Teil des biblischen Erbes: „Achtsamkeit, Besinnung und stellenweise Zurückhaltung sind geradezu typisch für das, was in der Bibel von Jesus berichtet wird“, erklärt die Theologin und Buchautorin: „Bevor er agiert, zwischendurch und nach seinen Predigten und Taten verzichtet er auf ein besinnungsloses Sofort – und setzt dem ein geistliches, kluges ,Augenblick mal“ entgegen.“
• Der Eröffnungsgottesdienst der Fastenaktion wird am 5. März live im ZDF übertragen. Beginn ist 9.30 Uhr. 7 Wochen Ohne 2017: „Augenblick mal! Sieben Wochen ohne Sofort“, Tageswandkalender, edition chrismon in der Evangelischen Verlagsanstalt Leipzig.