Vor fünf Jahren sorgte ein Terrorangriff auf die Synagoge von Halle für Entsetzen. Der Präsident des Zentralrats der Juden hebt die Bedeutung des Gedenkens in Zeiten von zunehmendem Antisemitismus hervor.
Am fünften Jahrestag des Terrorangriffs auf die Synagoge in Halle hat der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, eine “Normalisierung rechtsextremer Positionen auf allen Ebenen” kritisiert. “Der Wall gegen Extremismus in diesem Land ist brüchiger geworden”, schreibt er in einem Gastbeitrag für die “Mitteldeutsche Zeitung” (Mittwoch). “Jüdisches Leben zieht sich zurück. Das darf in einer offenen Gesellschaft nicht sein.”
Schuster hob die Bedeutung des öffentlichen Gedenkens zum Jahrestag hervor: “In Erinnerung an diesen Tag werden wir uns noch stärker als bisher einsetzen für den Respekt vor den verschiedenen Religionen, für den Respekt vor unterschiedlicher Herkunft. Aus Halle geht ein Zeichen der Menschenwürde ins Land.” Zugleich forderte er eine eindeutige Haltung der Politik “gegen Angriffe auf unsere Freiheit”. Eine islamistische Bedrohung dürfe nicht rechtsextreme Positionen stärken.
In Halle finden über den Tag verteilt diverse Gedenkveranstaltungen statt: Der zentrale Gedenkakt beginnt um 17.00 Uhr in der Ulrichskirche. Zum Zeitpunkt des damals ersten Schusses, um 12.03 Uhr, läuten alle Kirchenglocken der Stadt. Ebenfalls bereits am Mittag findet in der Synagoge ein Gedenken mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier statt. Im Anschluss erhält die Jüdische Gemeinde feierlich eine neue Thora-Rolle.
Am 9. Oktober 2019 hatte ein Rechtsextremist mit Waffengewalt versucht, in die Synagoge in Halle einzudringen, um ein Blutbad unter Jüdinnen und Juden anzurichten. Zu der Zeit waren mehr als 50 Menschen dort versammelt, um den höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur zu feiern. Als er nicht in die Synagoge kam, erschoss er eine Passantin davor, danach einen Maler-Azubi in einem nahen Döner-Imbiss und verletzte auf seiner Flucht weitere Menschen, zwei davon schwer. Der Attentäter filmte seine Taten und streamte sie live im Internet.
Das Oberlandesgericht Naumburg sprach den Täter ende 2020 des zweifachen Mordes, des versuchten Mordes in mehr als 60 Fällen und der Volksverhetzung schuldig. Es verurteilte ihn zu lebenslanger Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung.