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Schulministerin Feller plädiert für neue Formen der Erinnerungskultur

Die nordrhein-westfälische Bildungsministerin Dorothee Feller (CDU) hat angesichts zunehmender antisemitischer Anfeindungen in Deutschland eine verstärkte Präventionsarbeit an Schulen gefordert. Eine wichtige Rolle spiele hierbei die Erinnerungskultur, „die wir neu denken müssen“, sagte Feller am Samstag in Paderborn. Denn 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs hätten nur noch wenige junge Deutsche Urgroßeltern oder Großeltern, die ihnen von ihren Erfahrungen als Kriegskind oder Nachkriegsgeneration berichten können. Für Mitschülerinnen und Mitschüler aus anderen Kulturen sei dagegen die „deutsche Geschichte nicht die eigene Geschichte“.

„Umso wichtiger ist es, dass wir der Geschichte des Nationalsozialismus nicht nur in Geschichtsbüchern erinnern“, betonte Feller. Es brauche Formen der Erinnerungskultur, die junge Menschen emotional erreichen. Sie selbst habe zu Beginn dieses Jahres gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern der Janusz-Korczak-Gesamtschule in Neuss die KZ-Gedenkstätte Auschwitz besucht, erzählte die Ministerin. Die Führung vor Ort „hat auch mir eine greifbare Vorstellung des Grauens gegeben, das die Nationalsozialisten mit ihrer menschenverachtenden Vernichtungsideologie verursacht haben“.

Doch die Erinnerungskultur müsse nicht immer mit teils aufwendigen und kostenintensiven Reisen verbunden sein, erklärte Feller. Als Beispiel nannte sie einen in Münster angebotenen digitalen Stadtrundgang auf den Spuren jüdischen Lebens. Mithilfe einer App können sich Lehrkräfte zusammen mit Schulklassen auf eine Zeitreise begeben. „Das vermittelt jungen Menschen einen engeren Bezug zu den Opfern des Nationalsozialismus. Denn es hätten Freunde, Nachbarn, Arbeits- oder Vereinskollegen sein können“, so die Ministerin.

Die Christdemokratin warnte indes davor, in der Erinnerungs- und Präventionsarbeit die Jüdinnen und Juden auf eine „Rolle als Opfer des Nationalsozialismus zu reduzieren“. Sie sehe hier ebenfalls den Auftrag, jungen Menschen die Lebendigkeit und Vielfalt der jüdischen Kultur und des jüdischen Lebens in Deutschland zu vermitteln. Zum Schuljahr 2025/26 werde deshalb landesweit der Schülerwettbewerb „Shalom – jüdisches Leben heute!“ durchgeführt, der im Regierungsbezirk Münster seit einigen Jahren mit großem Erfolg angenommen werde, kündigte Feller an.

„Im Rahmen des Wettbewerbs fördern wir die interreligiöse Kompetenz unserer Schülerinnen und Schüler, indem sie sich mit dem jüdischen Leben und der jüdischen Kultur im Hier und Jetzt beschäftigen“, sagte sie weiter. Passend zum jeweiligen Motto könnten sie Podcasts, Essays, Kurzfilme oder Hörbücher erstellen und einreichen.

Feller war Gastrednerin des diesjährigen Bundeskongresses Katholische Elternschaft Deutschlands, der von Freitag bis Sonntag in Paderborn tagte. Themenschwerpunkt war die antisemitismuskritische Bildung an Schulen.