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Kaminer: Traditionen als Flucht vor Krisen und Nachrichtenflut

Ständig schlechte Nachrichten: Der Schriftsteller Wladimir Kaminer hat beobachtet, was Menschen dagegen tun. Und spricht auch über Europa als “ein großer Flickenteppich”.

Der Schriftsteller Wladimir Kaminer hat beobachtet, was Menschen tun, wenn sie ständig schlechten Nachrichten ausgesetzt sind
Der Schriftsteller Wladimir Kaminer hat beobachtet, was Menschen tun, wenn sie ständig schlechten Nachrichten ausgesetzt sindImago / STAR-MEDIA

Menschen hängen aus Sicht des Schriftstellers Wladimir Kaminer an Traditionen, um ein bisschen aus dem aktuellen Geschehen zu flüchten. Ständig würden schlechte Nachrichten über den Köpfen der Leute ausgeschüttet, und man sei den Nachrichtenströmen ausgesetzt, sagte der 57-Jährige (“Russendisko”) im Interview der Jüdischen Allgemeinen. “Das macht etwas mit uns. Kaminer sprach von einer “Marzipan-Gesellschaft, die Glühwein trinken will und das Üble, das auf der Welt geschieht, nicht ständig ertragen kann”.

“Bitte erzählen Sie nichts vom Krieg. Wir wollen lachen”

Auf einer Lesereise seien kürzlich zwei ältere Männer auf ihn zugekommen und hätten gesagt: “Bitte erzählen Sie nichts vom Krieg. Wir wollen lachen.” Kaminer: “Das sagt doch alles.” In Europa werde alles bis ins kleinste Detail diskutiert, das verhindere schnelle Entscheidungen. “Aber es lässt die demokratische Struktur unseres Kontinents am Leben, selbst wenn der politische Betrieb dadurch teilweise ausgebremst wird. Europa ist ein großer Flickenteppich, das ist sein größter Makel – und zugleich sein größter Vorteil.”