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Scholz will in Ruhe beraten – Mützenich will schnell beschließen

In seiner Regierungserklärung zur Haushaltskrise nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nicht erkennen lassen, ob und wo im Bundeshaushalt 2024 gekürzt werden muss. Er sicherte aber den Unternehmen und der Bevölkerung am Dienstag im Bundestag zu, die Ampel-Koalition werde baldmöglichst Klarheit schaffen. Die Bürgerinnen und Bürger könnten darauf vertrauen, dass der Staat seine Zusagen ihnen gegenüber einhalte.

Zum vorzeitigen Auslaufen der Energiepreisbremsen sagte Scholz, die Preise lägen derzeit unter den Obergrenzen für die Hilfen. Sollten sie erneut dramatisch steigen, „sind wir jederzeit in der Lage, kurzfristig zu handeln“. Bei den anstehenden Entscheidungen über den kommenden Bundeshaushalt gehe es um Grundsätzliches, um den Zusammenhalt im Land und den Sozialstaat, betonte Scholz. Zugleich seien die großen Modernisierungsvorhaben in der Wirtschaft und beim Klimaschutz nicht hinfällig geworden.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich plädierte dafür, für 2024 die Schuldenbremse abermals auszusetzen und den Haushalt bis zum Jahresende zu beschließen. Andernfalls seien soziale Angebote in Gefahr. Nachdem der Haushaltsausschuss die geplanten Sozial-Kürzungen zurückgenommen habe, bräuchten die Träger nun Planungssicherheit, forderte Mützenich. Betroffen sind in erster Linie die Kinder- und Jugendarbeit und die Freiwilligendienste.

Das Bundesverfassungsgericht hatte vor knapp zwei Wochen geurteilt, dass der Bund Kreditermächtigungen für Corona-Hilfen nicht in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) hätte verschieben dürfen. Damit fehlen der Ampel-Koalition 60 Milliarden Euro für die Klima- und Industriepolitik. Das Gericht verpflichtete die Regierung, die Schuldenbremse einzuhalten und keine Kredite für Ausgaben in kommenden Jahren einzuplanen.

Oppositionsführer und Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) erklärte, mit ihrer gegenwärtigen Politik gefährde die Ampel-Koalition die Staatsfinanzen. Die Union werde an der Schuldenbremse festhalten. Er forderte Scholz auf, auf die Einführung der Kindergrundsicherung zu verzichten und kritisierte erneut die Milliarden-Ausgaben für das Bürgergeld.

Die Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge konterte, dass Merz als erster Kürzungsvorschlag die Bekämpfung der Kinderarmut einfalle, zeige, dass der CDU-Politiker „komplett den Kompass verloren“ habe. Sie kritisierte auch Merz’ Angriffe auf das Bürgergeld. Es handele sich um das verfassungsrechtlich festgelegte Existenzminimum. Auch dazu gebe es ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, sagte Dröge.

Der Linken-Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch erklärte, nach diesem Urteil hätte er von der Regierung „mehr Demut“ erwartet. Vielen sei nicht klar, wie es nun weitergehen solle. Er forderte Scholz auf, der Bevölkerung zu versichern, dass es keine Sozial-Kürzungen geben werde.

Mehrere Sozialverbände haben die Ampel-Koalition aufgefordert, schnell eine Anschlusslösung für die Energiepreisbremsen zu erarbeiten, darunter der Sozialverband VdK, der Paritätische Gesamtverband, die Caritas und der Sozialverband Deutschland. „Der Winter wird nicht einfach am 31. Dezember zu Ende sein. Entweder sollte die Energiepreisbremse doch bis Ende März weiterlaufen, oder die Regierung sollte einen Härtefallfonds für arme Menschen auflegen“, sagte die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Verena Bentele, den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstag).