Predigttext (in Auszügen)
16 So spricht der Herr Zebaoth: Hört nicht auf die Worte der Propheten, die euch weissagen! Sie betrügen euch, sie verkünden euch Gesichte aus ihrem Herzen und nicht aus dem Mund des Herrn. 17 Sie sagen denen, die des Herrn Wort verachten: Es wird euch wohlgehen –, und allen, die im Starrsinn ihres Herzens wandeln, sagen sie: Es wird kein Unheil über euch kommen. 18 Aber wer hat im Rat des Herrn gestanden, dass er sein Wort gesehen und gehört hätte? Wer hat sein Wort vernommen und gehört? (…) 20 Und des Herrn Zorn wird nicht ablassen, bis er tue und ausrichte, was er im Sinn hat; zur letzten Zeit werdet ihr es klar erkennen. (…) 22 Denn wenn sie in meinem Rat gestanden hätten, so hätten sie meine Worte meinem Volk gepredigt, um es von seinem bösen Wandel und von seinem bösen Tun zu bekehren. 23 Bin ich nur ein Gott, der nahe ist, spricht der Herr, und nicht auch ein Gott, der ferne ist? 24 Meinst du, dass sich jemand so heimlich verbergen könne, dass ich ihn nicht sehe?, spricht der Herr. Bin ich es nicht, der Himmel und Erde erfüllt?, spricht der Herr. 25 Ich höre es wohl, was die Propheten reden, die Lüge weissagen in meinem Namen und sprechen: Mir hat geträumt, mir hat geträumt. (…) 28 Ein Prophet, der Träume hat, der erzähle Träume; wer aber mein Wort hat, der predige mein Wort recht. (…) 29 Ist mein Wort nicht wie ein Feuer, spricht der Herr, und wie ein Hammer, der Felsen zerschmeißt?
Ich bin ganz sicher: Sie sind gesegnet!“ Wer würde so einen Satz nicht gern hören? Da schwingt doch mit: Du tust das Richtige. Du machst das, was Gott will. Und darum belohnt dich Gott mit einem guten, einem gesegneten Leben.
Nun wurde dieser Satz nicht zu uns gesagt, sondern zu Donald Trump – von einem Radiomoderator, den man getrost der äußerst rechten evangelikalen Szene in den USA zurechnen kann. Trump hatte sicher keine Einwände gegen diese Segenszusage. Andere schon: Jemand, der christliche Werte wie Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Menschenwürde so offen verachtet, soll von Gott besonders gesegnet sein? Schwierig.
Erfolg ist kein Beweis für Segen
Der Prophet Jeremia hätte für den Radiomoderator eine Kategorie gehabt: falscher Prophet. Das sind Menschen, die die Mächtigen dieser Welt darin bestärken, einfach weiterzumachen. „Gott ist mit dir“, sagen sie Politikern, Firmenchefs und Funktionären. „Kümmer dich nicht um die anderen oder um irgendeine Moral. Du hast Erfolg. Das ist der Beweis.“
So gaukeln falsche Propheten ihrem Publikum eine schöngefärbte Wirklichkeit vor und untermauern diese mit angeblichen Gottesworten. Und zum Beweis ihrer angeblichen Vollmacht tun sie so, als könnten sie über Gottes Segen frei verfügen.
„Hört nicht auf sie“, mahnt Jeremia. „Sie verkünden euch Gesichte aus ihrem Herzen, nicht aus dem Mund des Herrn.“ Aber die Botschaft, dass wir alles gut machen und nichts ändern müssen, ist doch so verlockend … Und überhaupt: Wie scheidet man die Geister?
Der Prophet Jeremia hat dafür ein überraschendes Kriterium: Falsche Propheten erkennt man am „Weiter so“ – und an ihrem Versprechen: Gott ist bei dir, auch wenn du nichts änderst.
Jeremia weiß, wovon er spricht. Die falschen Propheten seiner Zeit hatten den jüdischen König darin bestärkt, sich mit der Großmacht Babylon anzulegen. Aber die Hoffnung auf Unterstützung durch die Ägypter hatte sich zerschlagen. Jetzt stand Juda vor der Vernichtung.Und plötzlich hieß die Frage: Wird Gott uns jetzt etwa verlassen? Wo es doch immer hieß: Wir sind gesegnet?
Als Antwort lässt Jeremias Gott auftreten wie in einer Gerichtsverhandlung und gegen die Mächtigen Anklage erheben. Gott ist treu. Er hält seine Versprechen – aber er fordert das gleiche auch von euch, seinen Menschen. Ihr habt eure Seite des Vertrages nicht erfüllt. Ihr habt gegen Gottes Weisungen verstoßen, Schwache diskriminiert und nur an euern Vorteil gedacht. Wenn ihr dieses Verhalten nicht ändert, wird Gott sich abwenden. Er kann auch fern sein – seine Nähe, sein Segen ist nicht garantiert. Er lässt sich nicht funktionalisieren. Auch wenn die falschen Propheten noch so laut schreien.
Nein, Gott entscheidet selbst. Über sein Dasein, sein Fernsein und über seinen Segen. Er ist treu. Er gibt aus freien Stücken. Und er erwartet, ja, er setzt voraus, dass wir andere ebenso beschenken: mit Freundlichkeit und Aufmerksamkeit, mit Barmherzigkeit und Würde. Wenn wir das tun, sind wir und die anderen gesegnet. Aber in der Hand haben wir es nicht. Niemals.