Große Empfindlichkeit und eine Tendenz zur Ausgrenzung: Das beobachtet die Schauspielerin Martina Gedeck in Folge der Corona-Zeit. Kritisch äußert sie sich auch zum gesellschaftlichen Umgang mit dem Älterwerden.
Martina Gedeck (62), Schauspielerin, hat die Corona-Pandemie nach eigenen Worten als “gespenstisch” erlebt. “Ich glaube, alle Menschen haben gespürt, dass etwas von der Natur ausgehend aus dem Ruder läuft”, sagte sie der “Bild am Sonntag”. Aus ihrer Sicht sei diese Erfahrung noch nicht “so richtig verarbeitet”.
Sie habe den Eindruck, dass die Pandemie “alte Ängste wieder zum Vorschein gebracht” habe, so die preisgekrönte Darstellerin. Ihre Generation habe bis dahin keine existenziellen Bedrohungen gekannt, doch in der Corona-Zeit seien Hilflosigkeit und Ohnmacht die beherrschenden Gefühle gewesen. “Ich hätte erwartet, dass sich die Gesellschaft anschließend langsam wieder beruhigt, die Menschen sich gegenseitig die Hand reichen und sich umarmen – doch das Gegenteil ist der Fall.”
So seien “große Besorgnis, sehr viel Hysterie, Ellenbogen-Mentalität, Ausgrenzung, Bewertung und Überwachung” zu beobachten. Die Menschen seien empfindlich und fühlten sich leicht angegriffen. “Wer nicht konform geht, wird ausgegrenzt. Daher die Tendenz, sich anzupassen”, sagte Gedeck. “Auf diese Weise kann man unliebsame Menschen leicht loswerden. Die Anschuldigungen müssen noch nicht einmal stimmen. Das sind Mechanismen, die kannte ich, ehrlich gesagt, nur aus Erzählungen oder durch meine Beschäftigung mit faschistoiden Staaten.”
Sie selbst habe sich bislang nicht einschränken lassen, betonte die Schauspielerin, die ab dem 15. März in der dystopischen Sky-Serie “Helgoland 513” zu sehen ist. “Das Ziel ist ja, freier zu werden im Laufe des Lebens.” Daher lehne sie auch Rollenangebote ab, die “aufgesetzt und verlogen” seien.
Das betreffe beispielsweise den Umgang mit dem Alter, so Gedeck. “Jedes Lebensalter ist interessant. Es gibt viele, sehr interessante Geschichten. Aber sie werden nicht erzählt.” Stattdessen würden oftmals Klischees bedient, etwa, dass ältere Menschen Probleme hätten wie: “Ich bin nicht schön, ich bin nichts wert, niemand mag mich, das Leben ist sinnlos”, zitierte Gedeck. “Nur das zu erzählen, langweilt uns alle und ist fürchterlich eindimensional”, betonte sie.