Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble kritisiert die Bundesregierung für die finanzielle Unterstützung von Seenotrettern im Mittelmeer. Er verstehe “die Verärgerung der Italiener darüber”, dass Deutschland Nichtregierungsorganisationen staatlich unterstütze, “die Flüchtlinge eben nicht nur retten, sondern auch nach Europa bringen”, sagte der CDU-Politiker im Interview mit Zeit online (Sonntag). “Das ist die Geschäftsgrundlage für die Schlepperkriminalität.”
Schäuble sprach sich gegen eine Änderung des Grundgesetzes bei der Neuausrichtung der Asylpolitik aus. “Wir müssen vor allem die europäischen Regeln, die es gibt, wirkungsfähig machen.” Damit stellt sich Schäuble gegen Vorschläge aus der Unionsfraktion. Thorsten Frei, parlamentarischer Geschäftsführer von CDU/CSU im Bundestag, fordert die Abschaffung des individuellen Rechts auf Asyl.
Schäuble sagte, die Bürger erwarteten von der Politik realistische Reformen. “Die Bürger wollen keine Vorschläge mehr hören, von denen alle genau wissen, dass sie sich so nicht realisieren lassen werden. Aber die Menschen zurückzuschicken – das geht. Auch wenn es nicht schön und einfach ist.”
Dass Deutschland private Organisationen (NGOs) finanziell unterstützt, die sich in Italien und auf dem Meer vor Italien um Migranten kümmern, betrachtet die italienische Regierung als Einmischung in innerstaatliche Angelegenheiten und unfreundlichen Akt eines Verbündeten. Das Auswärtige Amt in Berlin hatte mitgeteilt, dass mehrere NGOs in Italien direkte Zuschüsse aus Deutschland in Höhe von jeweils 400.000 bis 800.000 Euro erhalten sollen. Unterstützt werden soll auch die katholische Laienorganisation Sant’Egidio, die sich für sozial Benachteiligte und Geflüchtete einsetzt. Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni beschwerte sich formell in einem Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).