Die Romanautorin Eske Hicken hält die Situation von Obdachlosen für menschenunwürdig. “Im Grunde ist es überhaupt nicht akzeptabel, dass Menschen auf der Straße schlafen müssen”, sagte Hicken in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). “Es ist eine Form von Unmenschlichkeit, die immer mehr zur Gewohnheit wird und auch in vielen deutschen Städten, etwa in Frankfurt am Main, zum Stadtbild gehört.” Hicken wird am Mittwoch auch zu einem Autorengespräch auf der Frankfurter Buchmesse erwartet.
Die 52-jährige freie Journalistin hatte 2017 ein Jahr lang bei einer Obdachlosenrechtsorganisation in Portland im US-Bundesstaat Oregon verbracht. Sie arbeitete dort in einem Restaurant für Obdachlose und schlief selbst einige Male auf der Straße. Ihre Erlebnisse verarbeitete sie im Roman “Homeless”, der am 4. September erschienen ist.
Die in Frankfurt lebende Schriftstellerin sagte zur Lage von Obdachlosen in Portland: “Das Ausmaß des Elends ist einfach unfassbar groß.” Die Menschen müssten sich nicht nur damit herumplagen, dass sie keine Wohnung hätten, sondern erlebten auch viel Gewalt auf der Straße. “Es gibt Ungeziefer. Und Frauen müssen Angst haben, vergewaltigt zu werden.”
Hicken hält die Lage von Obdachlosen in Deutschland zwar noch nicht für vergleichbar mit jener in den USA. In Deutschland gebe es “noch ein einigermaßen funktionierendes Sozialsystem”, sagte sie. “Man wird in der Regel aufgefangen, wenn man krank oder arbeitslos wird.” In den USA sei das nicht so. “Die Sozialhilfe dort ist zeitlich begrenzt und wenn man krank oder arbeitslos wird, rutscht man schnell in die Obdachlosigkeit.” In Deutschland habe man noch keine “amerikanischen Verhältnisse”. Aber auch hier sei das Sozialsystem beschnitten worden.
Leider seien Hilfsangebote wie Tafeln angesichts eines zunehmenden Armutsproblems in Deutschland inzwischen unverzichtbar. “Doch es ist sehr problematisch, wenn sich der Staat darauf verlässt, dass private Organisationen soziale Aufgaben abdecken”, mahnte die Autorin. “Der Staat darf sich im sozialen Bereich nicht seiner Verantwortung entziehen.”