Die Evangelische Kirche im Rheinland stellt weiterhin „gravierende Menschenrechtsverletzungen an Europas Außengrenzen“ fest. Illegale Zurückweisungen, sogenannte Pushbacks, Abschiebungen und Brutalität seien mittlerweile an fast jeder EU-Außengrenze dokumentiert, heißt es im 14. Bericht zum Flüchtlingsschutz an den EU-Außengrenzen, mit dem sich die bis Freitag in Düsseldorf tagende rheinische Landessynode befasst. Die EU bleibe regelmäßig hinter ihren eigenen Ansprüchen und Willensäußerungen zurück. Die Abschottung gegen Menschen, die Schutz suchen, nehme zu.
Im Dezember 2023 hatte sich die EU auf eine Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) geeinigt. Ein zentrales Element sind sogenannte Grenzverfahren, bei denen Asylbewerber mit geringen Bleibechancen in Zentren direkt an der Außengrenze Schnellverfahren zur Asylvorprüfung durchlaufen. Der Bericht zum Flüchtlingsschutz gibt den Stand zum 30. September 2023 wieder.
Nur noch wenige Staaten stünden für eine menschenrechtsorientierte Politik, schreiben die Autorinnen und Autoren. „So werden europäische Staaten zu Tätern, die Grenzen statt Schutz- zum Bedrohungsraum, und europäische Werte zur Floskel statt gelebter Realität.“ Vielfach regiere die Sorge vor rechtem Stimmenaufwuchs. Die Europawahl und weitere Wahlen in EU-Mitgliedsstaaten gäben wenig Anlass zur Hoffnung. „Die rassistischen und auf Abschottung setzenden Stimmen haben zudem ausreichend finanzielle Mittel, um Debatten maßgeblich zu beeinflussen“, heißt es im Bericht.
Kirchengemeinden im Rheinland gewährten derzeit besonders häufig Kirchenasyl für Menschen, denen eine Abschiebung nach Rumänien, Bulgarien, Litauen oder Kroatien drohe, schreiben die Autorinnen und Autoren. Oft herrschten in diesen Ländern „inhumane Bedingungen“ für Geflüchtete.
Mit Blick auf Deutschland sei die Belastungsgrenze von vielen Bundesländern und Kommunen erreicht. „Die von Kirchen und anderen Organisationen seit 2015 geforderte Migrationspolitik mit Weitsicht, sich für neue erwartbare Flüchtlingsbewegungen zu wappnen, wurde nicht befolgt“, kritisieren die Autorinnen und Autoren. „Vielmehr wurden Kapazitäten heruntergefahren und strukturelle Probleme und Herausforderungen wie ein Investitionsstau bei Wohnraum, Schulen, Kindertagesstätten und Ausländerbehörden nicht gelöst.“ Die Probleme würden den Zugewanderten angelastet.
Es brauche eine bessere Verteilung und eine stärkere finanzielle Unterstützung der Kommunen bei der Flüchtlingsaufnahme, fordern die Autoren des Berichts. „Angesichts einer zunehmend von Demokratiefeinden bedrohten Gesellschaft sind aber auch neue Antworten auf die Herausforderungen der Aufnahme von Geflüchteten zu entwickeln, die christlichen, humanitären und menschenrechtlichen Standards genügen.“ Hier seien auch die Kirchen gefordert.