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Religionsbeauftragter: KI ist Herausforderung für Religionsfreiheit

Der Beauftragte der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfragen, der SPD-Bundestagsabgeordnete Frank Schwabe, warnt vor den Auswirkungen Künstlicher Intelligenz (KI) auf die Religionsfreiheit. Da die KI von Menschen gespeist werde, bleibe die Position von Minderheiten oft unberücksichtigt, sagte Schwabe am Donnerstag in Berlin bei der Vorstellung der diesjährigen Jahrbücher Religionsfreiheit sowie Verfolgung und Diskriminierung von Christen. Laut den beiden Jahrbüchern hat die politisch-religiös motivierte Gewalt im zurückliegenden Jahreszeitraum zugenommen.

Schwabe nannte die Algorithmen sozialer Medien als weitere digitale Gefahr für religiöse Minderheiten. Er verwies darauf, dass Gerüchte in sozialen Netzwerken über vermeintliche Gotteslästerungen Pogrome zur Folge gehabt hätten.

Beide Jahrbücher werden von der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte, dem Internationalen Institut für Religionsfreiheit und der Evangelischen Allianz herausgegeben. Das Jahrbuch Religionsfreiheit beleuchtet beispielsweise die staatliche Verfolgung tibetischer Buddhisten in China und buddhistischen Nationalismus in Sri Lanka. Auf der südasiatischen Insel seien insbesondere Muslime und Christen von staatlicher Benachteiligung betroffen, mitunter auch durch Angriffe von Mobs. Im Iran und im Jemen würden Bahai systematisch verfolgt.

Das Jahrbuch Verfolgung und Diskriminierung von Christen 2024 blickt besonders auf die Situation von Christen im Nahen Osten, etwa in Syrien und in Ägypten. Es macht auch auf die Situation von Armeniern aus Bergkarabach aufmerksam. Nach der Eroberung durch Aserbaidschan seien sie fast komplett nach Armenien geflohen. Aserbaidschan lösche derzeit in den eroberten Gebieten systematisch ihre Spuren wie Friedhöfe oder weltliche Denkmäler aus.

Schwabe machte auf die Gefährdung für Jesiden durch die aktuelle Entwicklung in Syrien aufmerksam. „Der Vormarsch von – leider auch – Islamisten lässt nichts Gutes erahnen“, sagte er.

Der Historiker und Politologe Martin Lessenthin sagte, in Ägypten würden Konvertiten ohne Rechtsgrundlage eingesperrt. Auch wenn nicht-staatliche Stellen, etwa Extremisten, in Ägypten Minderheiten verfolgten, würden die Täter oft nicht belangt. In Russland hingegen sei die orthodoxe Kirche Teil der Repression. Sie propagiere eine Politik der Verfolgung gegen Juden, Lutheraner und Muslime in besetzten Gebieten der Ukraine wie etwa der Krim.

Diktatoren aktualisierten ihre Methoden zur Einschüchterung von Kritikern oder zur Verschleierung von Menschenrechtsverletzungen, sagte Lessenthin. Sie lernten dabei voneinander.

Thomas Rachel (CDU), Bundesvorsitzender des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU, äußerte sich besorgt darüber, dass im weltweiten Maßstab vor allem Christen von Diffamierung, Diskriminierung und Verfolgung betroffen seien. Richtig verstanden hätten Religionen die Kraft, Konflikte zu überwinden und zur Versöhnung einzuladen, sagte er. 85 Prozent der Weltbevölkerung seien religiös: „Wir sollten die Kraft dieser Menschen stärker nutzen.“