Was im analogen Leben falsch oder gesellschaftlich geächtet ist, kann online ganz anders wirken: HateAid-Expertin Josephine Ballon berichtet über den Community-bildenden Charakter von Frauenfeindlichkeit.
Für Frauen und weiblich gelesene Personen ist das Internet laut einer Expertin kein sicherer Ort. Dort habe man “den Eindruck, dass #MeToo und alle gesellschaftlichen Entwicklungen in diesem Bereich nie stattgefunden haben”, sagte Josephine Ballon, Geschäftsführerin von HateAid, am Donnerstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Die digitale Gewalt, die Frauen und Mädchen dort erlebten, “unterscheidet sich durch ihre andere Qualität von dem, was Männer erleben”.
HateAid ist eine gemeinnützige Organisation mit Sitz in Berlin, die sich für Menschenrechte im digitalen Raum einsetzt und gegen digitale Gewalt und deren Folgen.
Oft finde keinerlei Auseinandersetzung mit einer Sache mehr statt. Stattdessen gehe es meist direkt unter die Gürtellinie, so Ballon. Vergewaltigungsandrohungen seien keine Seltenheit. “Das hängt natürlich damit zusammen, dass es im Internet viele antifeministische Netzwerke gibt, die der Meinung sind, dass Frauen eine ganz bestimmte Rolle in der Gesellschaft haben sollten.”
Im Internet verbinden sich Menschen zudem über Ländergrenzen hinweg, was im analogen Leben gar nicht so leicht wäre – dies betrifft auch problematische Inhalte. Ballon erklärte: “Dort können sie Dinge von sich geben, die im analogen Leben gar nicht mehr denkbar wären.” Anonymität und fehlende Strafverfolgung im Netz, aber auch der sogenannte Vernetzungseffekt unter Gleichgesinnten würden dieses Verhalten begünstigen.
Die Expertin für digitale Gewalt wies drauf hin, dass Frauenhass nicht nur international, sondern auch über gesellschaftliche Gruppen hinweg verbindend wirke. Die sogenannte Manosphäre (eine frauenfeindliche Community in Sozialen Medien), der Rechtsextremismus und der Islamismus würden durch ein gemeinsames Frauenbild vereint.