Fasten-Zwang im Klassenzimmer? An vielen Schulen nähmen religiöse Konflikte zu, sagt der Berlin-Neuköllner Bürgermeister Martin Hikel. Lehrkräfte seien damit oft überfordert – doch Hilfe fehle bislang.
Ein Kind, das während des Ramadan ein anderes unter Druck setzt, ob es auch richtig fastet – und nicht etwa auf der Schultoilette heimlich Wasser trinkt: Nach Einschätzung des Neuköllner Bürgermeisters Martin Hikel (SPD) werden Lehrer und Lehrerinnen mit solchen Problemen allein gelassen.
“Viele fühlen sich in solchen Situationen überfordert. Sie sind abgeschreckt, darauf überhaupt zu reagieren, weil sie sich damit dem Vorwurf aussetzen, rassistisch oder religionsdiskriminierend zu sein”, erklärte Hikel am Donnerstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin. “Man muss aber mit Schülern darüber sprechen und eine Haltung vertreten.”
Er forderte die Einrichtung einer Clearingstelle, die sich mit solchen Konflikten an Schulen befasst. Die von ihm vor vier Jahren angeregte Anlauf- und Dokumentationsstelle für konfrontative Religionsbekundung war an der Finanzierung durch die damalige Senatsverwaltung gescheitert, nachdem öffentlich Kritik daran laut geworden war: Muslime würden durch eine solche Stelle stigmatisiert.
Grundlage für die Idee einer derartigen Einrichtung war damals eine Erhebung an zehn Neuköllner Schulen. Der Verein für Demokratie und Vielfalt in Schule und beruflicher Bildung (DeVi), der auch Präventionsprojekte gegen Rechtsextremismus umsetzt, führte die zweimonatige Untersuchung durch. In der Bestandsaufnahme, bei der Pädagogen befragt wurden, berichteten neun von zehn Schulen von entsprechenden Vorfällen.
“Das Problem gibt es nach wie vor an zahlreichen Schulen in meinem Bezirk – und es wird immer größer”, sagte Hikel, der selbst Lehrer war. “Die Schülerschaft ist an den betroffenen Schulen sehr homogen, das heißt, viele sind strenggläubige Muslime. Es ist zwingend notwendig, diese Homogenität und die damit einhergehenden Konflikte aufzubrechen.”