„In unserer Beratungsarbeit haben wir immer wieder mit Fragen des Glaubens zu tun“, erzählt der zweite Vorsitzende des Vereins „Aktionsbündnis Queer in Greifswald“, Lukas Dominik Kretschmer. Zum einen wären da diejenigen, die sich fragen, ob Gott sie jetzt hasse, warum er sie verlassen hätte. Zum anderen diejenigen, die ihre Kirche und Gott als Halt empfinden. „Wir versuchen die Menschen in unserer Beratung zu bestärken, auch in ihrem Glauben an Gott“, meint er. Lukas Dominik Kretschmer ist selber neuapostolischen Glaubens. Für ihn schließt sich queer und Christ sein nicht aus. Auch der queere Gottesdienst am Sonntag, 26. Mai, um 10 Uhr im Greifswalder Dom St. Nikolai soll bestärken, dass „Gott dich liebt, so wie du bist“.
„Vor einigen Jahren wurde auf einem Koordinierungstreffen für den Christopher Street Day in Rostock über queere Gottesdienste in Süddeutschland berichtet“, sagt Kretschmer. „Da dachte ich, dass muss doch auch im Norden möglich sein.“ Mitten in der Pandemie suchte das Aktionsbündnis dann innerhalb der Tage der Akzeptanz im Mai 2020 ein Format, welches auch online möglich ist: Queer und religiös – wie passt das zusammen? „Wir haben uns mit den unterschiedlichen Religionen auseinandergesetzt, was diese zum Thema queer zu sagen haben“, erzählt der zweite Vorsitzende weiter.
2022: Erster queerer Gottesdienst
Ein queerer Gottesdienst kam ab 2022 hinzu, zunächst in St. Jacobi Greifswald. „Wir hatten alle großen Innenstadtgemeinden angeschrieben und alle wollten uns ein Zuhause geben.“ Sowohl in St. Marien, als auch in St. Jacobi und dem Dom wäre so ein Gottesdienst möglich gewesen.
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2023 entschied sich der Verein für den Dom als Gottesdienstort. „Der Gottesdienst war richtig gut besucht. Menschen aus der Community, die sich nicht getraut hätten, in einen normalen zu gehen, kamen. Aber auch Kirchengemeindemitglieder“, sagt Lukas Dominik Kretschmer. Über 100 positive Rückmeldungen erreichten die Organisatorinnen und Organisatoren. Auch Dompastor Tilman Beyrich empfand den Gottesdienst als gelungen: „Es war eine fröhliche Atmosphäre. Wir sind in unseren Gottesdiensten generell zielgruppenorientiert. Uns ist es wichtig, zu zeigen, wie bunt und vielfältig Kirche ist.“ Ein Grund mehr, diesmal wieder im Dom St. Nikolai zu Gast zu sein.
“Outing“ ist Thema im Gottesdienst
Das Thema diesmal: Outing. Liturgisch werde es ein ganz normaler Gottesdienst, verspricht Kretschmer. Die Musik sei an das Thema aber angepasst. „Wir haben das ‚Vater unser‘ aus der Bibel für gerechte Sprache ausgewählt, werden uns Bibelstellen zu diesem Thema anschauen. Und Tilman Beyrich und Phi Wilkening werden eine Dialogpredigt halten“, verrät er. „Wir werden uns vom Evangelium und den Episteln inspirieren lassen“, bestätigt Pastor Tilman Beyrich. Gerade die Geschichte des Nikodemus in Johannes 3, 1–8, zeige, wie der Mensch im Leben in Gott neu geboren werden könne, meint er weiter.
Nach dem Gottesdienst gibt es auf der Wiese ein gemeinsames Picknick zusammen mit den drei christlichen Studierendengemeinden der Stadt Greifswald.
Aktionsbündnis Queer bietet “safe space”
Die Tage der Akzeptanz werden unter anderem von der Stadt Greifswald unterstützt. Sie begannen schon am Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Trans- und Interphobie.
Neben den soziokulturellen Veranstaltungen und Stammtischen für queere Menschen bietet der Verein vor allem Beratung. „Wir sind ein ‚safe space‘. Auch in Greifswald ist es immer noch schwer, überhaupt Gleichgesinnte zu finden“, meint der zweite Vorsitzende. 30 Mitglieder zählt das Aktionsbündnis Queer in Greifswald mittlerweile.
Weitere Informationen zum Aktionsbündnis Queer in Greifswald gibt es auf der Seite www.queer-hgw.de