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Protest mit grünen Luftballons gegen Reformvorhaben

Bei den bundesweiten Demonstrationen gegen das geplante Krankenhausstrukturgesetz waren auch die evangelischen Krankenhäuser aus dem Verbandsgebiet der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe dabei. Elke Grothe-Kühn nennt im Gespräch die Gründe

Im Krankenhaussektor folgt „Reform“ auf „Reform“. Für Patientinnen, Patienten und Beschäftigte verheißt das in der Regel nichts Gutes. Die Krankenhäuser sind unterfinanziert, der Arbeitsdruck auf die Beschäftigten wächst und wächst. Mit grünen Luftballons vor Ort und mit einer Großdemonstration in Berlin protestierten die Krankenhausverbände gegen das geplante Krankenhausstrukturgesetz. Auch die evangelischen Krankenhäuser aus dem gesamten Verbandsgebiet der Dia­konie Rheinland-Westfalen-Lippe (RWL) engagierten sich dabei. Wogegen sich der Protest richtet, erläutert Elke Grothe-Kühn, Geschäftsbereichsleiterin der Diakonie RWL, im Gespräch mit Sabine Portmann.

Die evangelischen Krankenhäuser haben sich an den Protestaktionen gegen das Krankenhausstrukturgesetz beteiligt. Wogegen richtet sich der aktuelle Protest?
Das geplante Krankenhausstrukturgesetz würde den Krankenhäusern im Jahr 2017 eine Milliarde Euro entziehen, die für die Personalfinanzierung dringend gebraucht wird. Die Reform gibt keine Antwort auf die absolut unzureichenden Investitionsmittel und die Unterfinanzierung der Notfallambulanzen. Der Rationalisierungsdruck wird auf Kosten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und letztlich auf Kosten der Patienten weiter erhöht. Mehr Bürokratie und weitere Dokumentationspflichten binden Personal, das dann in der Patientenversorgung fehlt. Der Versuch der Reform, die Krankenhäuser in „gute“ und „schlechte“ einzuteilen und mit einem unausgereiften Instrument von Qualitätsabschlägen sanktionieren zu wollen, ist aus unserer Sicht ein völlig falscher Ansatz.

Worunter leiden die Krankenhäuser?
Seit mehr als 20 Jahren leben die Kliniken in Deutschland mit einem gedeckelten Finanzierungssystem. Verschiedene Studien und Umfragen zeigen seit Jahren, dass 30 bis 40 Prozent der Krankenhäuser bundesweit rote Zahlen schreiben. Die Politik trägt eine Mitverantwortung für die zunehmende Ökonomisierung unseres Gesundheitswesens. Immer mehr gesetzliche Vorgaben zur Qualitätssicherung helfen nicht weiter. Seit der Einführung der Fallpauschalen im Jahr 2003 haben die Pflegenden als größte Berufsgruppe unter der Ökonomisierung und der damit einhergehenden Arbeitsverdichtung zu leiden. 50 000 Stellen im Pflegedienst bundesweit sind seitdem verloren gegangen.

Was ist Ihre Forderung; was brauchen die evangelischen Krankenhäuser in Rheinland, Westfalen und Lippe?
Die Finanzierung der Kliniken muss zukunftssicher gestaltet werden. Dazu gehören auch die Refinanzierung der tarifbedingten Personalkosten und die Bereitstellung von Mitteln für erforderliche Investitionen in Gebäude und Medizintechnik durch die Länder. Wir brauchen eine tragfähige Finanzierung und keine weiteren Kürzungen. Letztlich geht es um eine gute Behandlung von Patientinnen und Patienten, für die ein Krankenhausaufenthalt immer eine Ausnahmesituation ist und die sich darauf verlassen, in einem der besten Gesundheitssysteme der Welt auch weiterhin zuverlässig versorgt zu werden.