Nach dem Sturz des syrischen Diktators Baschar al-Assad ist für die Flüchtlingsbeauftragte der Nordkirche, Dietlind Jochims, noch nicht abzusehen, wohin sich das Land bewegt. Sie hoffe auf einen Übergang zu mehr Freiheit und Sicherheit für die Bevölkerung Syriens, sagte Jochims im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Ob Menschen jetzt in ihre Heimat zurückkehren oder nicht, sei deren eigene Entscheidung. Forderungen nach einer raschen Rückführung von Menschen nach Syrien hält Jochims für „vollkommen unangebracht“.
Wie ist der Sturz Assads einzuschätzen?
Dietlind Jochims: Das kann vermutlich niemand mit Sicherheit sagen im Moment. Nach der Freude über den Sturz Assads wird sich zeigen, ob es hoffentlich gelingt, einen Übergang zu mehr Freiheit und Sicherheit für die syrische Bevölkerung zu schaffen, die Minderheiten im Land zu schützen und zu beteiligen und die gemäßigten Kräfte im Land zu stärken.
Viele aus Syrien geflüchtete Menschen haben auf den Straßen in Deutschland gefeiert – ist absehbar, dass sie in ihre Heimat zurückkehren, um sie wieder aufzubauen?
Welche Entscheidungen inzwischen hier ansässige Menschen aus Syrien treffen, hängt vermutlich von vielen Faktoren ab: Welche Perspektiven gibt es dort, welche hat man sich hier neu aufgebaut? Möchte man dort hinfahren, um Verwandte wiedersehen zu können und zu schauen, was dort möglich ist? Hat man Kinder, die hier zum Beispiel in Schule und Freundeskreis verwurzelt sind? Wichtig finde ich: Dies ist die Entscheidung der Betroffenen selbst. Reden wie „Jetzt müssten aber alle rasch zurück“ sind vollkommen unangebracht.
Viele syrische Geflüchtete sind inzwischen in Deutschland integriert, etwa Teil des Gesundheitssystems – mit welchen Auswirkungen muss Deutschland rechnen, wenn viele dieser Fachkräfte ihr Wissen jetzt mit in ihre Heimat nehmen?
In Deutschland herrscht in vielen Bereichen Arbeitskräftemangel. Viele der in den letzten Jahren hierher Geflüchteten haben in den letzten Jahren Arbeit gefunden und dazu beigetragen, dass der Mangel etwas gelindert wurde. Ein Wegzug vieler dieser Arbeitskräfte würde den großen Bedarf natürlich wieder vermehrt deutlich machen.