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Politik und Kirche würdigen Köhler – “Glücksfall für unser Land”

Am Morgen wurde der Tod des früheren Bundespräsidenten Horst Köhler bekannt – Trauer herrscht auch unter Politik- und Kirchenvertretern. Sie erinnern zugleich mit Dankbarkeit an das Wirken Köhlers.

Politik- und Kirchenvertreter erinnern an den verstorbenen früheren Bundespräsidenten Horst Köhler. Die Stadt Ludwigsburg, wo seine Familie 1957 eine neue Heimat gefunden hatte, kündigte ab Montag eine Trauerbeflaggung am Rathaus an; ab Dienstag werde ein Kondolenzbuch ausliegen.

Als Brückenbauer in verschiedenen Zusammenhängen würdigte ihn der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing. Köhler sei ein visionärer Staatsmann gewesen, heißt es in Bätzings Beileidsschreiben, wie die Deutsche Bischofskonferenz mitteilte.

Als Bundespräsident hatte sich Köhler für eine Globalisierung mit verlässlichen Regeln und eine echte Partnerschaft mit dem afrikanischen Kontinent eingesetzt. Er habe “wie kaum ein anderer Brücken zwischen den Kontinenten gebaut”, betonte der Bischof.

Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischöfin Kirsten Fehrs, hob Köhlers “unbestechlichen Gerechtigkeitssinn” und seine “beeindruckende Weitsicht” hervor. Die Nächstenliebe sei dem Ökonom auch im politischen Handeln “eine klare Leitplanke” gewesen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier betonte, sein Amtsvorgänger habe ein Bild von Deutschland als “Land der Ideen” geprägt, und er werde als “Glücksfall für unser Land” in Erinnerung bleiben. Köhlers Zugewandtheit, Energie und Kreativität hätten ihn “viele Herzen gewinnen lassen”, nachdem er sich schon vor seiner Amtszeit für Deutschland verdient gemacht habe.

Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) erklärte, gerade in der heutigen Zeit erinnere Köhlers Wirken daran, “dass Politik Mut, Weisheit und Haltung braucht”. Der Altbundespräsident habe “mit klarem Kompass und großer Menschlichkeit für unser Land gestanden”.

Nach Worten von Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte Köhler ein feines Gespür für die Anliegen der Menschen. Seine Offenheit, seine manchmal unbequeme Haltung und sein Einsatz für Gerechtigkeit würden in Erinnerung bleiben. Kanzler Olaf Scholz (beide SPD) schrieb auf X, vormals Twitter, Deutschland verliere “einen engagierten Politiker, der sich Zeit seines Lebens für eine gerechtere Welt eingesetzt hat”.

Der FDP-Parteivorsitzende Christian Lindner nannte Köhler einen “feinsinnigen Staatsdiener”, der früher als andere erkannt habe, dass es einen freien Welthandel und sichere Handelswege brauche. “Damals wurde er dafür diffamiert. Heute erkennen wir seine Weitsicht.”

Das Thema Gerechtigkeit habe Köhler auf allen Stationen seines vielseitigen Lebenswegs angetrieben, sagte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). Auch international habe er bleibende Akzente gesetzt, etwa als zweiter Bundespräsident, der vor der Knesset in Israel gesprochen habe.

Köhler starb am Samstag im Alter von 81 Jahren in Berlin. Geboren 1943 im polnischen Skierbieszow, war er von 2004 bis 2010 der neunte Bundespräsident – und der erste, der vom Amt zurücktrat. Auch nach seinem Rücktritt in Folge einer Debatte um ein Interview zum deutschen Afghanistan-Einsatz engagierte er sich für eine partnerschaftliche internationale Politik.