Am Dienstag startet in Leipzig der Deutsche Ärztetag. An Diskussionsstoff dürfte kein Mangel herrschen. Ein Beispiel: das von der Bundesregierung vorgesehene Modell der Patientensteuerung.
Kurz vor dem Start des Deutschen Ärztetages übt die Deutsche Stiftung Patientenschutz Kritik an Bundesärztekammer und Bundesregierung. “Während Bundesärztekammer und Bundesregierung schnell bei der Hand sind, eine Patientensteuerung zu fordern, verlieren sie kein Wort über Verteilung, Präsenzzeiten und Erreichbarkeit der Vertragsärzte”, sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch am Sonntag in Berlin der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Es fehle “zuallererst eine effiziente Steuerung der ambulanten medizinischen Praxen”, bemängelte Brysch. Darunter litten immobile, alte und pflegebedürftige Menschen. “Der Versorgungsnotstand ist also hausgemacht.”
Die Bundesregierung will erreichen, dass Patientinnen und Patienten bei unklaren Beschwerden zunächst zu einer Hausärztin oder einem Hausarzt gehen. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD heißt es dazu, man setze auf ein “verbindliches Primärarztsystem bei freier Arztwahl durch Haus- und Kinderärzte”. Der Präsident der Bundesärztekammer Klaus Reinhardt hatte sich unlängst hinter dieses Konzept der Patientensteuerung gesellt, das Wartezeiten auf Termine verringern und die medizinische Versorgung verbessern soll.
Laut der Deutschen Stiftung Patientenschutz stoßen die Pläne zum sogenannten Primärarztsystem jedoch schon jetzt auf Ablehnung in der Bevölkerung. Zwei Drittel der Deutschen glaubten nicht daran, dass sich damit die Versorgung der Patienten verbessere und Kosten in Milliardenhöhe einsparen ließen, sagte Vorstand Brysch der KNA. “Zudem müsste jede Hausarztpraxis zusätzlich 2.000 Patientinnen und Patienten betreuen. Dabei gibt es bereits Praxen, die Neupatienten abweisen.”
Der Deutsche Ärztetag findet von Dienstag bis Freitag in Leipzig statt. Die Mediziner wollen bei ihrem ersten Treffen mit der neuen Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) die gesundheitspolitischen Vorhaben der Bundesregierung diskutieren. Zu den weiteren Schwerpunkten gehört der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Gesundheitsversorgung sowie in der Forschung unter medizinischen, wissenschaftlichen und ethischen Gesichtspunkten.