Eine Pflegereform noch in dieser Legislatur? Fakt ist wohl, dass die Kosten stärker steigen als erwartet. Doch über den richtigen Weg aus der finanziellen Misere gehen die Meinungen stark auseinander.
Die Prognose der Krankenkasse DAK-Gesundheit zu voraussichtlichen Beitragssatzerhöhungen in der Pflegeversicherung noch vor der Bundestagswahl 2025 hat eine Debatte über eine neuerliche Pflegereform ausgelöst. Das Gesundheitsministerium von Minister Karl Lauterbach (SPD) schloss dieses Szenario auf Anfrage der Zeitung “Die Welt” (Mittwoch) nicht aus. Angesichts der voraussichtlich deutlich steigenden Zahl der Pflegebedürftigen und mit Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung bleibe abzuwarten, wie sich die Jahresabschlüsse in diesem und den Folgejahren entwickeln.
Kritik kommt von der Opposition. “Die Ampel fährt die Pflege sehenden Auges gegen die Wand. Die Koalition hat sich damit abgefunden, dass die Beiträge immer weiter steigen werden”, sagte CDU-Gesundheitspolitiker Tino Sorge der Zeitung. Stattdessen brauche die Pflege eine tiefgreifende Finanzierungsreform.
Jens Teutrine, Pflegeexperte der FDP, sprach sich dagegen aus, dass die Ampel-Koalition die Beiträge in naher Zukunft erhöht. “Mehrbelastungen für die arbeitende Bevölkerung und die Wirtschaft in Zeiten von Inflation und wirtschaftlicher Stagnation können nicht der Weg sein. Ich erwarte keine zusätzlichen Beitragserhöhungen in dieser Legislatur.” Es brauche dennoch Reformen, wie einen “Boost für die private Vorsorge”, eine steuerliche Gleichstellung der Betriebspflege zur Betriebsrente und mehr Kapitaldeckung in der Pflegeversicherung.
Die SPD verweist auf die Regierungskommission unter der Leitung des Gesundheitsministeriums, die bis Ende Mai Empfehlungen für eine dauerhafte Finanzierung der Pflegeversicherung vorlegen soll. “Es ist dringend nötig, die Finanzsituation der sozialen Pflegeversicherung zeitnah nachhaltig zu stabilisieren”, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin Heike Baehrens. “Aus meiner Sicht sind dafür auch die im Koalitionsvertrag vereinbarten höheren Steuermittel für versicherungsfremde Leistungen, wie Rentenbeiträge für pflegende Angehörige, unerlässlich.”
Die AfD bezeichnet die Pflegereform dagegen als “krachend gescheitert”. Ihr gesundheitspolitischer Sprecher Martin Sichert sagte: “Wer wirklich die Kosten für die Pflege begrenzen will, der muss die Familie als Keimzelle der Gesellschaft stärken.” Denn Pflege durch Angehörige sei nicht nur für die Pflegebedürftigen meist besser, sondern auch deutlich günstiger. Außerdem belaste “viel zu viel Bürokratie” die Pflege und treibe die Kosten nach oben.