Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, mahnt Erweiterungen im Grundgesetz zum Schutz der Judikative vor Demokratiefeinden an. Der Paragraf 1 des Bundesverfassungsgerichts sollte in der Verfassung verankert werden, sagte Papier der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Freitag). Der Paragraf betone die Selbstständigkeit und Unabhängigkeit des Gerichts. „Auch dieser Grundsatz gehört in die Verfassung.“
Es sollte deutlich werden, dass das Gericht als Verfassungsorgan des Bundes gleichrangig mit den vier anderen Verfassungsorganen zu betrachten ist, erklärte Deutschlands ehemals oberster Richter. „Das wird bislang nicht ausdrücklich im Grundgesetz erwähnt. Das wäre wichtig zur klaren Absicherung des Bundesverfassungsgerichts und zur stärkeren Sicherung der Unabhängigkeit dieses Organs von der Exekutive.“
Weitere Aspekte, die laut Papier ins Grundgesetz gehörten, sind die Regelungen über die notwendige Zweidrittelmehrheit bei der Wahl von Richtern und deren begrenzte Amtszeit von zwölf Jahren. „Mit einer solchen Regelung würde man sicherstellen, dass nicht mit einfachen Mehrheiten Richter berufen und die Amtszeit verkürzt oder vorzeitig beendet werden können“, sagte der 80-Jährige. Das sei „das Mindeste, was man fordern sollte“.
Skeptisch beurteilt Papier eine Petition, die den Entzug von Grundrechten nach Artikel 18 im Grundgesetz für den Thüringer AfD-Politiker Björn Höcke fordert. „In der Literatur ist umstritten, ob das aktive und passive Wahlrecht, also vor allem die Wählbarkeit, überhaupt aberkannt werden kann“, sagte er. Auch wegen vieler ungeklärter Fragen würde er „zur Vorsicht raten, ein solches Verfahren in Karlsruhe einzuleiten. Das Verhältnis zwischen Nutzen und Belastungen, die damit einhergingen, wäre fragwürdig“, sagte der Verfassungsrechtler.
Mehr als 1,4 Millionen Menschen unterstützen bislang die Petition, in der für den AfD-Politiker Höcke der Entzug der Grundrechte gefordert wird. Höcke sollen Grundrechte wie das Wahlrecht, die Wählbarkeit und die Bekleidung öffentlicher Ämter entzogen werden. Nach Artikel 18 Grundgesetz ist das möglich, wenn die Grundrechte „zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht“ werden. Einen entsprechenden Antrag können Bundestag, Bundesregierung oder eine Landesregierung stellen. Initiator der vom Kampagnen-Netzwerk Campact unterstützten Petition ist ein Physiker aus Düsseldorf.