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Ohne Kehrtwende wächst die Kluft

Gewerkschafter, Umweltexperten und Hilfswerke appellieren an Industriestaaten

Berlin – Angesichts steigender Flüchtlingszahlen und populistischer Bewegungen fordern Gewerkschafter sowie Umwelt- und Entwicklungsexperten eine Kehrtwende in der Globalisierungspolitik. Weltweit seien 63 Millionen Menschen auf der Flucht, nicht nur weil sie in Kriegsgebieten lebten, sondern weil Armut und Hunger sie vertrieben, sagte der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Reiner Hoffmann, in Berlin: „Dafür hat die industrialisierte Welt Verantwortung zu übernehmen.“
Hoffmann äußerte sich bei der Konferenz „Globalisierung in der Sackgasse – Visionen für den Neustart“. Neben dem DGB und der IG Metall zählen die beiden kirchlichen Hilfswerke „Brot für die Welt“ und Misereor sowie die Umweltschutzorganisation Greenpeace und das Forum Umwelt und Entwicklung zu den Veranstaltern. Die Konferenz findet anlässlich der deutschen G-20-Präsidentschaft statt. Als Beispiel nannte DGB-Chef Hoffmann die Agrarwirtschaft in afrikanischen Ländern. Hochsubventionierte Billigprodukte würden aus den Industriestaaten dorthin exportiert und zerstörten die Grundlagen der Landwirtschaft vor Ort.
Die „Brot für die Welt“-Präsidentin Cornelia Füllkrug-Weitzel warnte vor populistischen Strömungen weltweit, die sich die wachsende Kluft zwischen dem reichen Norden und dem armen Süden zunutze machen. „Mehr denn je benötigen wir eine politisch gesteuerte, inklusive Globa­lisierung – zum Wohle einer gerechten Welt, des globalen Gemeinwohls, der Armen und der Umwelt“, erklärte die Präsidentin.
Der Hauptgeschäftsführer des katholischen Hilfswerks Misereor, Pirmin Spiegel, sprach von einer „tiefen Krise“ der Globalisierungspolitik der vergangenen Jahre. Die globale Wirtschaftsordnung räume den Interessen transnationaler Unternehmen Vorrang ein vor Menschenrechten, Arbeitsrechten und dem Umweltschutz, sagte Spiegel. Er forderte eine gesetzliche Sorgfaltspflicht für Unternehmen. Firmen, die gegen ein solches Gesetz verstießen, müssten ein Bußgeld zahlen. Freiwillige Selbstverpflichtungen reichten nicht aus.
„Globale Handelsverträge müssen sozial und ökologisch verantwortungsvoll gestaltet werden“, sagte Sweelin Heuss, Geschäftsführerin von Greenpeace Deutschland. Die Umweltschutzorganisation veröffentlichte anlässlich der Konferenz einen Forderungskatalog an die Industrienationen für den globalen Handel. Darin fordern die Experten unter anderem einen besonderen Schutz weniger entwickelter Länder, damit Abkommen ihnen nicht gegen ihren Willen aufgezwungen werden. epd