Das Strafverfahren gegen den Sänger Gil Ofarim ist vor dem Landgericht Leipzig gegen die Auflage einer Zahlung von 10.000 Euro vorläufig eingestellt worden. Vorausgegangen war am sechsten Prozesstag ein Geständnis Ofarims. Er sagte, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe der Anklage träfen alle zu, es tue ihm sehr leid. Außerdem entschuldigte er sich bei dem Hotelmitarbeiter W., der in dem Verfahren als Nebenkläger aufgetreten war. W. nahm die Entschuldigung an.
Die Staatsanwaltschaft Leipzig hatte dem Künstler unter anderem Verleumdung und falsche Verdächtigung sowie Betrug und falsche Versicherung an Eides statt vorgeworfen.
Ofarim hatte im Oktober 2021 in einem Instagram-Video behauptet, dass der Mitarbeiter des Leipziger „Westin“-Hotels ihn antisemitisch beleidigt habe. Zuvor war der jüdische Sänger in einer Sendung des MDR aufgetreten. Nach der Aufzeichnung der Sendung in Leipzig hatte Ofarim in dem Hotel übernachten wollen.
Hotelmitarbeiter soll von Ofarim ein Schmerzensgeld erhalten
Die Ermittlungen gegen den Hotelmitarbeiter waren zwischenzeitlich eingestellt worden. W. soll nun von Ofarim ein Schmerzensgeld erhalten. Darüber hatten am Dienstag die Richter der Sechsten Strafkammer, Ofarim und seine Verteidiger sowie W. mit seinem Anwalt über mehrere Stunden lang beraten. Nach dem letzten Verhandlungstag vom 16. November habe es außerdem ein Rechtsgespräch der Kammer, der Staatsanwaltschaft, der Verteidigung und der Nebenklage gegeben, wie der Vorsitzende Richter Andreas Stadler am Dienstag berichtete. Der Richter betonte dabei, dass es in diesem Strafverfahren vor allem auf die zweifelsfreie Feststellung des Sachverhalts und weniger auf den formellen Verfahrensabschluss ankomme.
„Die Kammer ist davon überzeugt, dass das Geständnis des Angeklagten der Wahrheit entspricht“, sagte Stadler. Das Strafverfahren kenne nun mehrere Gewinner. „Das ist erstens die Gesellschaft“, sagte der Richter: „Sie hat die Wahrheit erfahren, allen Mutmaßungen ist nun der Boden entzogen.“ Der zweite Gewinner sei der Hotelmitarbeiter und Nebenkläger W.: „Er hat durch das Geständnis und die Entschuldigung des Angeklagten volle Rehabilitierung erfahren.“
Richter: „Er hat einen Fehler gemacht, sich dafür entschuldigt und sich dazu verhalten“
Eine Entschuldigung sei wertvoller als ein Gerichtsurteil. „Eine Entschuldigung kann nicht widerrufen werden, ein Gerichtsurteil kann hingegen angefochten werden“, betonte der Vorsitzende Richter. Der dritte Gewinner des Verfahrens sei Ofarim selbst. „Er hat die Chance auf einen vollständigen Neustart“, sagte Stadler: „Er hat einen Fehler gemacht, sich dafür entschuldigt und sich dazu verhalten. Es gibt keine ewige Verdammnis.“
Wenn Ofarim die Auflage von 10.000 Euro innerhalb eines halben Jahres zahlt, wird das Verfahren endgültig eingestellt. Die Staatsanwaltschaft Leipzig und sein Verteidiger hatten der vorläufigen Verfahrenseinstellung noch im Gerichtssaal zugestimmt. Das Geld soll je zur Hälfte an die Jüdische Gemeinde zu Leipzig und den Trägerverein des Hauses der Wannseekonferenz gezahlt werden.
Der Zentralrat der Juden in Deutschland verurteilte am Dienstag das Verhalten des jüdischen Musikers. Ein Antisemitismusvorwurf dürfe niemals grundlos erhoben werden: „Er muss in jeder Hinsicht die Konsequenzen für seine Lüge tragen.“