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“Nun sag’, wie hast Du’s mit der Religion?”

Über allem könnte im Thüringer Landtag bald wieder das Kreuz thronen: Denn hoch oben im zehnstöckigen Erfurter Parlamentshochhaus soll nach dem Willen der CDU-Fraktion demnächst Thaddäus König einziehen. Der Christdemokrat und gläubige Katholik soll auf Vorschlag der CDU Landtagspräsident werden – auch wenn die Konstituierung des am 1. September neugewählten Landtages wegen der Sitzungsleitung von AfD-Alterspräsident Jürgen Treutler am Donnerstag im Chaos versank und ohne Ergebnis abgebrochen wurde.

CDU-Kandidat Thaddäus König kündigte im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) an, das Katholische in seiner Amtsführung nicht verstecken zu wollen. „Die Sternsinger sollen kommen und in mein Arbeitszimmer kommt ein Kreuz“, sagt der Eichsfelder, der vor seiner berufspolitischen Laufbahn Geschäftsführer des katholischen Kolpingwerks war. „Der Glaube ist mein Wertegerüst, auf dem das Politische aufbaut“, sagt er und benennt Solidarität, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung als wichtige Eckpfeiler seiner persönlichen Überzeugungen.

In der CDU-Fraktion sind elf der 23 Abgeordneten eigenen Aussagen zufolge konfessionsgebunden. Sechs Parlamentarier sind evangelisch, fünf katholisch. Sogar insgesamt 18 Christdemokraten folgten vor der ersten Sitzung des neuen Landtages am Donnerstag der Einladung zu einem ökumenischen Gottesdienst der beiden großen christlichen Kirchen in der Erfurter Thomaskirche. Das gemeinsame Gebet vor Plenarsitzungen hat Tradition. Zusammen mit seinem katholischen Amtskollegen Claudio Kullmann lädt der Beauftragte der Evangelischen Kirchen bei Landtag und Landesregierung in Thüringen, André Demut, zu den regelmäßigen Andachten vor den Landtagssitzungen ein.

Im Gottesdienst präsent waren auch Vertreter vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Laut Selbstauskunft gehört keiner der 15 Abgeordneten der Partei einer religiösen Gemeinschaft an. Fraktionschefin Katja Wolf sagte, auch sie sei ungetauft. Doch habe sie als damalige Oberbürgermeisterin von Eisenach zur evangelischen Kirche gefunden. „Es war die Strahlkraft des Reformationsjahres im Jahr 2017“, sagte Wolf. Seitdem pflege sie ein sehr vertrauensvolles Verhältnis zum Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), Friedrich Kramer. Man treffe sich zum Kaffee, sei auch bereits zum gemeinsamen Taufpilgern verabredet.

In der sechs Mitglieder umfassenden SPD-Fraktion gehören immerhin drei Parlamentarier der evangelischen Kirche an. Noch-Innenminister Georg Maier ist katholischen Glaubens. Im Laufe der Legislaturperiode könnte auch das bislang kirchlich prominenteste sozialdemokratische Kirchenmitglied ins hohe Haus zurückkehren: Dorothea Marx ist Synodale der EKM-Landessynode. Den Sprung ins weltliche Parlament hat sie knapp verpasst und ist erste Nachrückerin.

In der zwölf Mitglieder starken Linken-Fraktion ist der amtierende Ministerpräsident Bodo Ramelow die sichtbarste Verbindung zwischen Politik und Religion. Ramelow war es, der das öffentliche Bekenntnis zum Glauben in der deutschen Linken ein Stück weit hoffähig gemacht hat. Ramelow gehört der Fraktion weiter an. Zwei weitere Abgeordnete sind ebenfalls evangelisch.

In der 32 Abgeordnete umfassenden AfD-Fraktion bekennen sich ausweislich der Selbstauskunft gegenüber dem Thüringer Landtag nur zwei Abgeordnete explizit zum christlichen Glauben. Der Geraer Dieter Ladenbach bezeichnet sich als katholisch. Der Ilmenauer Jens Dietrich ist evangelischen Glaubens, aber bereits vor Jahren aus der Landeskirche ausgetreten. „Die evangelische Kirche war mir zu politisch geworden und zu wenig in Glaubensfragen unterwegs“, sagt er. Gläubig sei er dennoch und weiterhin. Das beeinflusse natürlich auch seine politischen Überzeugungen. Die Worte der Bibel und die christlichen Werte seien schließlich das Fundament, auf dem das Grundgesetz fuße.