Düsseldorf. Hunderte Notfallseelsorger arbeiten aktuell in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, um den Betroffenen der Flutkatastrophe zu helfen. „Die Lage erschüttert selbst hartgesottene, ganz erfahrene Kräfte“, sagte die Landespfarrerin der rheinischen Kirche für Notfallseelsorge, Bianca van der Heyden, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Intensität und die geballte Masse der Ereignisse mit Tausenden von Betroffenen sei auch für die Notfallseelsorger eine Herausforderung. „Das ist Energie, mit der man auch als Seelsorger erstmal umgehen muss“, sagte die Seelsorgerin und betonte die große Bedeutung der Nachsorge für Einsatzkräfte und Notfallseelsorger.
Van der Heyden koordiniert die Notfallseelsorge der rheinischen Landeskirche. So könnten etwa kleine Seelsorge-Teams, wie im besonders schwer betroffenen Ahrweiler, die aktuelle Krisensituation nicht allein stemmen, erläuterte die evangelische Theologin. Deshalb habe es sie sehr berührt, dass die Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung und auch die Unterstützung aus anderen Landeskirchen so enorm sei. Für die Notfallseelsorge brauche es, vor allem in solch extremen Fällen, sehr gut ausgebildete Kräfte.
Urvertrauen erschüttert
Betroffene der aktuellen Flutkatastrophe müssten zuerst einmal wieder ein Gefühl von Sicherheit bekommen, erklärte die Seelsorgerin. „Das Wichtigste ist zu vermitteln: Jetzt bist du in Sicherheit.“ Durch die Katastrophe sei das Urvertrauen Tausender Menschen erschüttert worden, die in den Wassermassen ihr Hab und Gut oder gar geliebte Menschen verloren haben. Zudem sei es wichtig, wieder ein Gefühl von Selbstwirksamkeit zurück zu erlangen und durch kleine Aktionen wieder aus der erlebten Machtlosigkeit herauszutreten und wieder selbst etwas tun zu können.
Auch Schaulustige und sogenannte Katastrophentouristen seien eine enorme Belastung, mahnte die Notfallseelsorgerin: „Das ist fürchterlich für Betroffene und Einsatzkräfte.“ Verschiedene Regionen wie der Kreis Erftstadt und die Städteregion Aachen hatten erklärt, dass Schaulustige die Arbeit von Einsatzkräften stören und dazu aufgerufen, die betroffenen Gebiete weitläufig zum umfahren.
Unbedachte Interviews, etwa von Nachbarn, mit dramatischen Schilderungen der Ereignisse seien für Betroffene ebenfalls schwierig, erklärte van der Heyden. Solche Schilderungen in TV-Interviews enthielten oft extreme Details oder Überzeichnungen. „Das kann tiefe Emotionen wecken und Menschen wieder in die Situation versetzen“, erklärte die Notfallseelsorgerin. „Wir wollen den Menschen aber eigentlich helfen, sich von diesen schrecklichen Situationen vorerst zu distanzieren.“ Deshalb rate sie Betroffenen zu einem bedachten Fernsehkonsum. Sachliche Informationen über die weiteren Entwicklungen seien zum Verarbeiten der Ereignissen hingegen sehr wichtig. (epd)