Hunger in Afrika, Ausbeutung in Asien: Oft dominieren die schlechten Nachrichten aus Ländern dieser Kontinente. Ein neues Kinderbuch plädiert für einen anderen Blick – mit vielen überraschenden Erkenntnissen.
In Ruanda in Ostafrika sind Plastiktüten komplett verboten. Am ersten und dritten Sonntag im Monat dürfen in der Hauptstadt Kigali zeitweise keine Autos fahren – stattdessen wird gelaufen, geskatet und geradelt. Und: In Ruanda sitzen mehr Frauen als Männer im Parlament – mehr als in jedem anderen Land der Welt.
Das Gute in jedem Land finden und davon erzählen: Das machen die Schwestern Minitta und Melanie Kandlbauer in ihrem jetzt erschienen Buch “Gute Nachrichten aus aller Welt”. Sie suchen die positiven Dinge abseits der Berichterstattung über Kriege, Hunger und Armut, die das europäische Bild besonders über viele Länder Afrikas und Asiens prägen. In ihrem bunt illustrierten Kindersachbuch wollen sie zeigen, dass es in jedem Land der Welt “wunderschöne Orte” gibt und Menschen, die Großartiges leisten – sogar inmitten von Krieg.
Beispielhaft erklären die Autorinnen jungen und älteren Leseratten, was passiert, wenn man ständig nur bestimmte Dinge über ein Land und die dort lebenden Personen hört: Wenn etwa Filme über New York nur die Wolkenkratzer zeigt, erfährt man nicht, dass dort auch viel kleinere Häuser stehen.
Die literarische Weltreise über alle fünf Kontinente widmet sich den Geheimnissen vieler verschiedener Länder. So liest man von Stars wie dem aus dem Sudan stammenden Basketballspieler Manute Bol – der 2,31 Meter groß war und früher der größte NBA-Basketballspieler der Welt. “Er war ein Dinka. Die Dinka zählen zu den größten Menschen der Welt und leben meistens im heutigen Südsudan”, heißt es etwa.
Weiter lernen Leserinnen und Leser, dass man in Kolumbien zu Neujahr gelbe Unterwäsche trägt – das soll Glück bringen. Im Kongo gibt es so genannte Sapeurs, die, modisch gekleidet, überall für gute Stimmung sorgen. In Ägypten wurden Flip-Flops, Parfum, Zahnpasta und Bowling erfunden. Die ältesten Ölgemälde der Erde wurden in Afghanistan gemalt und das Farbfernsehen in Mexiko erfunden. 1893 durften Frauen in Neuseeland das erste Mal wählen – eine weltweite Premiere.
Jedes Landesporträt wird abgerundet mit einem Faktenprofil: Wo das jeweilige Land liegt, welche Sprache gesprochen wird, was für eine bekannte Persönlichkeit es gibt – und was zum Beispiel die Menschen gerne essen. Ful Medames (Bohneneintopf) etwa im Sudan. Kibeh (Bulgur-Hackbällchen) in Syrien. Oder Griot (frittiertes Schweinefleischgericht) auf Haiti.
Das Buch nennt sich interaktiv; das heißt, nach jedem Kapitel gibt es die Möglichkeit, das Gelesene zu reflektieren und selbst tätig zu werden. So gibt es etwa die Aufforderung, die eigenen Gefühle gleich der mexikanischen Künstlerin Frida Kahlo auf Papier zu malen. Es gibt Rezepte, zum Beispiel für einen polnischen Pfannkuchen oder das Alphabet der neuseeländischen Gebärdensprache zum Nachmachen.
Was an dem Buch ein wenig befremdet, ist, dass – bei aller Objektivität, die die Autorinnen für sich in Anspruch nehmen – mitunter nicht genau hingeschaut, sondern vereinfacht wird. So heißt es im Vorwort: “Über manche Länder wird in unseren Schulbüchern nichts erzählt. Andere Länder werden vor allem von ihrer schlechten Seite gezeigt.” Das ist eine Unterstellung, deren Beweis die Autorinnen schuldig bleiben – es ist lediglich permanent die Rede davon, “was in den Schulbüchern nicht steht”.
Weiter heißt es, das Buch solle ein “Kindersachbuch für mehr Respekt und Toleranz sein”. Entsprechend widmen sich Extra-Kapiteln der Aufklärung über Rassismus gesprochen; so wird den kindlichen Leserinnen und Lesern zum Beispiel erklärt, was Vorurteile sind.
Ein bisschen weniger erzieherische Pädagogik hätte dem von Yani Hamdy wunderschön illustrierten und interessant recherchierten Buch der Schwestern Kandlbauer gut getan – diese belehrende Haltung ist schlicht nicht nötig. Die etwas andere Perspektive der Autorinnen auf die Welt und ihre unermessliche Vielfalt spricht für sich – und das verstehen gerade Kinder, ohne dass man ihnen ständig erklärt, wie man sich “politisch korrekt” verhält.