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Neuer Anlauf im Bundesrat für mehr Organspenden

Knapp 8.400 Patienten warten derzeit verzweifelt auf ein Spenderorgan. Doch die Spendenbereitschaft in Deutschland bleibt niedrig. Deshalb wollen mehrere Bundesländer die Regeln zur Organentnahme ändern.

Weil in Deutschland mehrere Tausend schwerstkranke Menschen auf ein Spenderorgan warten, wollen mehrere Bundesländer die Regeln für die Organspende ändern. Insgesamt acht Bundesländer haben auf Initiative von NRW einen gemeinsamen Antrag zur Änderung des Transplantationsgesetzes in den Bundesrat eingebracht. Er wird am Freitag erstmals in der Länderkammer behandelt. Ziel ist es, dass mehr Menschen, die auf eine Organspende angewiesen sind, ein lebensrettendes Organ erhalten. Findet die Initiative eine Mehrheit, muss sich der Bundestag mit ihr befassen.

Durch Einführung der sogenannten Widerspruchslösung soll zukünftig jede Person als potenzieller Organspender gelten, wenn sie nicht zu Lebzeiten ausdrücklich einen Widerspruch dokumentiert hat. Der Widerspruch kann im Organspende-Register, in einem Organspendeausweis, einer Patientenverfügung oder auf andere Art und Weise festgehalten werden. Derzeit gilt in Deutschland eine Zustimmungslösung: Nur wer zu Lebzeiten einer Spende ausdrücklich zugestimmt hat, ist ein möglicher Organspender

Liegt kein schriftlicher Widerspruch vor, werden die Angehörigen gefragt, ob die Person zu Lebzeiten einen entgegenstehenden Willen geäußert hat. Bei Minderjährigen können die Eltern entscheiden, wenn der oder die Minderjährige nicht zuvor seinen Willen zum Ausdruck gebracht hat. .

Deutschland liegt bei der Zahl der Organspenden international auf einem hinteren Platz. Die Zahl der Spenderinnen und Spender stagniert seit Jahren. 2023 standen 8.385 Patientinnen und Patienten auf der Warteliste für ein Organ. Gespendet wurden nur 2.877 Organe von 965 Personen. Das im März in Betrieb gegangene Organspende-Register allein werde nicht zu einer spürbaren Verbesserung führen, warnen die Länder.

Befürworter einer Widerspruchslösung verweisen darauf, dass die prinzipielle Bereitschaft zur Organspende in der Bevölkerung hoch sei. Gleichzeitig scheiterten viele mögliche Transplantationen daran, dass die Bürger ihren Willen zur Spende nicht dokumentierten und Angehörige im Zweifel eine Organentnahme widersprächen.

Der Bundestag hatte 2020 eine Widerspruchslösung abgelehnt. Kritiker verweisen darauf, dass jede medizinische Behandlung in Deutschland der ausdrücklichen Zustimmung des Patienten bedürfe. Dieser Grundsatz dürfe im Fall der Organspende nicht aufgehoben werden. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz verweist zudem darauf, dass eine Widerspruchslösung allein in anderen Ländern nicht zu einem großen Anstieg der Spenderzahlen geführt habe. Notwendig seien bessere Voraussetzungen für Entnahme- und Transplantationskliniken, mehr Information der Bürger und eine andere Kultur der Organspende.

Zu den Befürwortern einer Widerspruchslösung gehören Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). Laumann erklärte: “Es ist mittlerweile alles unternommen worden, um im Rahmen unserer Zustimmungsregelung die Zahlen nach oben zu bringen. Wir müssen so ehrlich sein und zugeben, dass das alles nicht hilft.”

Der Minister betonte, die Widerspruchslösung lasse jeder Person die Entscheidungsfreiheit. Gleichzeitig sei sie ein Anstoß, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Der Staat dürfe jedem Erwachsenen zumuten, eine Entscheidung für oder gegen eine Organspende zu treffen.