Kirchliche Kunstarbeit hat eine lange Tradition: Seit Jahrhunderten unterstützt sie Kunstschaffende und fördert die Vielfalt in Gesellschaften. Nicht zuletzt bringe die Beschäftigung mit aktueller Kunst meist auch eine bewusstere Kommunikation mit Menschen, die sich ansonsten schwer mit Kirche tun, sagt die kirchliche Kunstbeauftragte im Kirchenkreis Regensburg, Pfarrerin Gabriele Kainz, im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das Kunstsymposium der bayerischen evangelischen Landeskirche befasst sich am 21. Februar in Regensburg mit der Frage nach Freiheit und Grenzen der Kunst.
epd: Frau Kainz, was kann christliche Kunst heute leisten?
Gabriele Kainz: Ich denke, jegliche Form von Kunst hat das Potenzial Menschen zu berühren. Kunst trägt immer zu einem ästhetischen Gesamteindruck bei. Wenn dieser stimmig ist, dann hält man sich einfach gerne an einem Ort auf. Das muss uns heute ein Anliegen sein, dass sich Menschen gerne in Kirchen- und Gemeinderäume aufhalten, die ästhetisch ansprechend sind. Damit meine ich keine dekorative Kunst, sondern stimmig gestaltete Räume. Wenn wir Installationen in Kirchenräumen machen, regen diese daneben zum gesellschaftlichen Diskurs an.
epd: Nun leben wir in einem visuellen Zeitalter. Wie bildgewaltig muss Kunst heutzutage sein, um Aufmerksamkeit zu erreichen?
Kainz: Da sind wir genau beim Thema des Symposiums zu Freiheit und Grenzen der Kunst. Kunst darf bildgewaltig sein, ja. Aber provokativ um jeden Preis, nein. Wenn Menschen sich in ihren religiösen Gefühlen verletzt fühlen, dann wird es schwierig. Mit bildgewaltig ist eindrucksvoll gemeint. Wenn wir mit eindrucksvollen Kunstwerken arbeiten, werden Menschen berührt und sind offen, lassen sich anregen und sind interessiert an einem Austausch. Eindruck braucht Ausdruck, das stellen wir immer wieder fest. Dadurch ergeben sich großartige und tiefgehende Gespräche.
epd: Wie entscheidet man, was wichtiger ist: die Freiheit oder die Grenzen der Kunst?
Kainz: Mit dieser Frage wollen wir uns bei dem Symposium auseinandersetzen. Kunstfreiheit ist ein zentrales Grundrecht, das die demokratische Gesellschaft und die kulturelle Vielfalt unterstützt. Es schützt den künstlerischen Ausdruck und den freien Austausch von Ideen, aber es gibt auch Grenzen durch das Grundgesetz, besonders im Hinblick auf die Persönlichkeitsrechte und den Jugendschutz und natürlich den Schutz verfassungsmäßiger Werte. Diese Fragen und ihre Gewichtung sollen diskutiert werden.
epd: Kunst kann auch durch äußere Faktoren an Grenzen geraten. Macht sich auch in der kirchlichen Kunst der Spardruck bemerkbar oder ist das nicht der Fall?
Kainz: Natürlich unterliegt auch die kirchliche Kunst dem Sparzwang. Zugleich nutzen wir die Möglichkeiten zu Kooperation und Sponsoring – natürlich muss dabei transparent aufgezeigt werden, woher das Geld kommt und wofür es verwendet wird. Aber man darf nicht an der falschen Stelle sparen: Kunst kann für die Kirche eine Möglichkeit sein, Menschen neu zu erreichen. Das gilt beispielsweise für temporäre Kunstinstallationen. In der Regensburger Dreieinigkeitskirche hatten wir vor ein paar Jahren die Künstlerin Sibylle Kubus zu Gast, die ein Netz aus Strumpfhosen durch die Kirche gespannt hatte. Das wurde in der Stadtgesellschaft unter verschiedenen Aspekten diskutiert. Die Leute kamen in die Kirche, um dieses Kunstwerk zu sehen.
epd: Wie viel Unterstützung erfahren Sie vom Pfarrpersonal für Kunstprojekte, wenn zugleich allerorten am Personalschlüssel gedreht wird und Kirchen sowie andere Gebäude verkauft werden müssen?