Anlässlich der Vorstellung der ForuM-Studie zu sexualisierter Gewalt in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) wollen Betroffene am Donnerstag in Hannover protestieren. Die Kundgebung vor der Hochschule Hannover beginne um 11 Uhr und wende sich gegen die „Verschleppungstaktik“ der EKD, teilten die Initiatoren, die Betroffeneninitiative Hildesheim und die Giordano-Bruno-Stiftung, am Mittwoch mit. Seit dem Bekanntwerden des Missbrauchs habe die EKD „unglaubliche 14 Jahre“ gebraucht, um eine erste bundesweite Studie zu veröffentlichen.
Die Initiative äußerte Zweifel, dass die Studie zu einem weiterreichenden Aufarbeitungsprozess in der EKD führen werde. Eine im Dezember verabschiedete gemeinsame Erklärung der EKD, der evangelischen Diakonie und der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs sei eine „bloße Absichtsbekundung“. Eine entsprechende Erklärung der katholischen Kirche sei bereits vor dreieinhalb Jahren unterzeichnet worden, aber immer noch seien viele Aufarbeitungskommissionen nicht besetzt. Ähnliches drohe dem Aufarbeitungsprozess in der evangelischen Kirche.
Der Sprecher der Betroffeneninitiative Hildesheim, Jens Windel, begrüßte „die längst fällige wissenschaftliche Untersuchung des Missbrauchsskandals“. Allerdings werde diese nicht dem wahren Ausmaß der sexualisierten Gewalt gerecht, da nicht alle kirchlichen Personalakten untersucht worden seien. Windel, der auch Mitglied im Betroffenenbeirat der Deutschen Bischofskonferenz ist, forderte eine angemessene Entschädigung der Betroffenen in einem „einheitlichen, transparenten und anfechtbaren Verfahren“. Die von evangelischer und katholischer Kirche gezahlten Anerkennungsleistungen seien viel zu niedrig.
Am Donnerstag veröffentlicht ein unabhängiges Forscherteam eine Studie über sexualisierte Gewalt in der evangelischen Kirche. Es ist die erste bundesweite Studie dieser Art. Sie wurde vom interdisziplinären Forschungsverbund „ForuM – Forschung zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt und anderen Missbrauchsformen in der Evangelischen Kirche und Diakonie in Deutschland“ erstellt. Ziel der Studie ist es, eine empirische Grundlage für die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in den 20 evangelischen Landeskirchen, der EKD und der Diakonie zu legen.