Gegen den 1988 gestorbenen Hildesheimer Bischof Heinrich Maria Janssen gibt es weitere gravierende Anschuldigungen: Drei Betroffene werfen ihm schweren sexuellen Missbrauch über einen Zeitraum von mehreren Jahren vor, wie das Bistum Hildesheim am Donnerstag mitteilte. Demnach waren die betroffenen Personen zu den jeweiligen Tatzeitpunkten zwischen acht und zwölf Jahre alt.
Das Domkapitel prüfe, ob Janssen aus der Bischofsgruft im Dom entfernt und umgebettet werden kann, hieß es. Die Gruft sei jetzt blickdicht verschlossen. Ein Aufsteller erläutere mit einem Text die Vorwürfe gegen Janssen.
Unterdessen erneuerte der Betroffenenrat Nord seine bereits seit Jahren vorgetragene Forderung nach Umbettung. Das Gremium der Betroffenenvertreter der drei Bistümer Hildesheim, Osnabrück und Hamburg kritisierte, dass erst jetzt die Gruft verschlossen worden sei. „Täterverehrung ist immer auch ein Stück weit Opferverhöhnung“, heißt es in einer unter anderem von Nicole Sacha, Raphael Ohlms und Norbert Thewes unterzeichneten Stellungnahme. Janssen sei bereits mehrfach als Täter und Vertuscher von Verbrechen gegen Kinder beschuldigt worden.
Zudem stelle sich die Frage, ob die Vorwürfe dem Bistum bereits seit Längerem bekannt seien und erst jetzt öffentlich gemacht worden seien, schrieben die Betroffenenvertreter. „Dazu muss Stellung bezogen werden. Zumal bis vor Kurzem immer auf unbewiesene Behauptungen verwiesen wurde.“
Die Janssen jetzt vorgeworfenen Taten haben sich nach Angaben der Betroffenen im Bistum Hildesheim und außerhalb des Bistums ereignet, hieß es weiter. Genauere Angaben zu den Betroffenen sowie den Taten und Tatzeitpunkten könne das Bistum aus Gründen des Betroffenenschutzes derzeit nicht machen.
Die betroffenen Personen hätten sich mit ihren Schilderungen an unabhängige Expertinnen und Experten für Verdachtsfälle in ihrem Bistum gewandt. Der Bischöfliche Beraterstab zu Fragen sexualisierter Gewalt des Bistums, ein mehrheitlich aus unabhängigen Mitgliedern bestehendes Gremium, habe am 6. Juni die Plausibilität der Vorwürfe festgestellt. An der Sitzung habe auch der derzeitige Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer teilgenommen.
„Ich bin schockiert und fassungslos angesichts der neuen Vorwürfe gegen Bischof Janssen sowie der Schwere der geschilderten Taten“, sagte Wilmer. „Meine Gedanken sind bei den Menschen, die von diesen Verbrechen betroffen sind.“
Das Bistum Hildesheim hat eigenen Angaben zufolge in enger Abstimmung mit der Unabhängigen Aufarbeitungskommission Nord, dem Betroffenenrat Nord und der Betroffeneninitiative im Bistum Hildesheim eine neue Studie zur Aufdeckung sexualisierter Gewalt und anderer Formen physischer und psychischer Gewalt in der Diözese ausgeschrieben. Erforscht werden solle der Zeitraum von 1945 bis 2024.