Union und Bundesregierung sind sich im Streit um mehr Zurückweisungen von Schutzsuchenden an deutschen Grenzen nicht einig geworden. Die Ampel schlägt ein Modell vor, das zu schnelleren Verfahren führen soll.
Die Bundesregierung hat der Union erfolglos angeboten, mit der Inhaftierung oder Unterbringung von Asylsuchenden in Grenznähe zu schnelleren Zurückweisungen zu kommen. CDU und CSU erklärten die Gespräche über eine mögliche Zusammenarbeit in der Migrationspolitik am frühen Dienstagabend in Berlin für gescheitert. Die Ampel habe keinen Vorschlag gemacht, der zu zusätzlichen Zurückweisungen an deutschen Grenzen führen würde, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU).
Mögliche schnellere Verfahren seien durchaus eine Verbesserung des Status quo, meinte Frei. Dennoch würden die Menschen dabei zunächst einmal ins Land kommen. Man werde sich die Vorschläge im parlamentarischen Verfahren sehr genau anschauen und gegebenenfalls auch unterstützen. Eine grundlegende Wende in der Migrationspolitik stellten sie jedoch nicht dar.
Laut Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) haben SPD, Grüne und FDP vorgeschlagen, Asylbewerber an den Grenzen schneller darauf hin zu überprüfen, ob laut den sogenannten Dublin-Regeln bereits ein anderes EU-Land für sie zuständig ist. Dies soll durch die Bundespolizei erfolgen. In solchen Fällen soll das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein beschleunigtes Dublin-Verfahren einleiten. Die Regierung werde auf hoher politischer Ebene auf die europäischen Partner zugehen, damit diese schneller einer Rücknahme zustimmen und die europäischen Regeln eingehalten werden, erklärte Faeser.
Um zu verhindern, dass Schutzsuchende untertauchen, sollen sie in Grenznähe “in Haft oder andere Einrichtungen mit strikten Auflagen kommen”, so die Innenministerin. Bei Haftfällen und möglichen Klagen komme es auch auf ein schnelles Handeln der Justiz an. Darüber werde man nun mit den Bundesländern sprechen. Das neue Modell sei effektiv und europarechtskonform, betonten Faeser und Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) nach den Gesprächen mit Länder- und Unionsvertretern. Wer keinen Asylantrag stelle und auch sonst nicht zur Einreise berechtigt sei, solle weiterhin konsequent zurückgewiesen werden, so die Innenministerin.
Am Montag hatt Faeser Grenzkontrollen an allen deutschen Landgrenzen für die kommenden sechs Monate verkündet. Zudem wurden seit Oktober mehr als 30.000 Menschen an den Grenzen zurückgewiesen. Auch habe man ein Paket für mehr Abschiebungen auf den Weg gebracht. Und dennoch: “Die Zahlen müssen noch weiter zurück”, sagte Faeser.
Buschmann betonte, irreguläre Migration sei eine gesamtstaatliche Belastung auf allen Ebenen. Dies müsse gelöst werden. Die Zahlen müssten substanziell auf ein Niveau gedrückt werden, das für Kommunen, Länder und Bund tragbar sei. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bedauerte, dass über andere Themen wie die Möglichkeiten der Sicherheitsbehörden und die Rechtsdurchsetzung mit der Union gar nicht mehr gesprochen werden konnte, da diese die Gespräche beendet habe.
CDU-Chef Friedrich Merz sagte nach dem Scheitern des Migrations-Gipfels der “Bild”-Zeitung: “Die Bundesregierung ist intern offensichtlich heillos zerstritten und kann sich nicht auf wirksame Maßnahmen einigen.” Die Bundesregierung bezeichnete Merz als “handlungsunfähig und führungslos”.
Ähnlich äußerte sich CSU-Landesgruppen-Chef Alexander Dobrindt gegenüber der Zeitung: “Die Ampel ist Grün-blockiert!” Ihre Handlungsunfähigkeit, so Dobrindt, sei eine Gefährdung der Ordnung und des gesellschaftlichen Zusammenhalts in Deutschland. Für Placebo-Maßnahmen ohne echte Wirkung gegen illegale Migration stehe man nicht zur Verfügung.