Niedersachsachsens Migrationsbeauftragter Deniz Kurku (SPD) hat die defizitorientierte Diskussion in der Politik über Flüchtlinge kritisiert. Es werde vor allem über Probleme gesprochen, aber oft das Positive übersehen, sagte Kurku in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Niedersachsen habe grundsätzlich eine gute Integrationsstruktur. Sie müsse allerdings angesichts der hohen Zuwanderungszahlen verbessert werden. “Jeder Euro, den wir nicht vernünftig in die Integration investieren, wird uns später um ein Vielfaches teurer zu stehen kommen, sagte Kurku.
Das Land dürfe zudem seine Pflicht nicht vernachlässigen, den Schutzsuchenden mit Menschlichkeit zu begegnen, mahnte Kurku. „Wenn jemand seine Heimat, Verwandte und Freunde verlassen muss, dann ist das keine Kleinigkeit.“
Er wolle die Herausforderungen für die Kommunen und ihre Strukturen nicht kleinreden, sagte der Landesbeauftragte für Migration und Teilhabe. Es sei auch nicht hilfreich, dass einige Staaten in Europa sich weigerten, Geflüchtete in größerer Zahl aufzunehmen. „Aber dennoch ist mir die alleinige Konzentration darauf in der Debatte zu einfach.“ Die Politik, aber auch weitere gesellschaftliche Akteure wie die Kirchen und die Gewerkschaften seien gefragt, immer wieder deutlich zu machen, dass es eine Pflicht sei, Menschen zu helfen. „Deutschland und Niedersachsen zeichnet es aus, dass wir bisher immer offen waren und Hilfesuchende aufgenommen haben.“
Auch die Klage über den Rückgang ehrenamtlich Engagierter in der Flüchtlingshilfe berücksichtige nicht, „dass viele Menschen etwas tun und dafür auch etwas zurückbekommen“, betonte der Kurku, der als Abgeordneter im Landtag und im Rat der Stadt Delmenhorst sitzt. Immerhin 7,7 Prozent der Ehrenamtlichen in Niedersachsen engagierten sich für die Integration der Schutzsuchenden. Viele erzählten ihm, wie bereichernd diese Arbeit für sie selbst sei.
Die Defizit-Diskussion befeuert nach den Worten Kurkus die ohnehin bestehenden Sorgen der Menschen angesichts von Klimakrise, Kriegen, Inflation und negativen Folgen von Globalisierung und Digitalisierung. Populistische Parteien wie die AfD seien die Nutznießer solcher Entwicklungen. Das zeige sich auch in anderen europäischen Ländern.
Die Pläne der Bundesregierung zu beschleunigten Abschiebungen sieht der Migrationsbeauftragte skeptisch. Bislang scheiterten Abschiebungen meistens daran, dass Herkunftsländer die Geflüchteten nicht zurücknähmen. Das werde sich durch die neuen Gesetzespläne kaum ändern. Positiv wäre es allerdings, wenn die Asylverfahren beschleunigt würden. Die Menschen bräuchten schnell Klarheit über ihre Bleibeperspektive. Kettenduldungen über Jahre erschwerten das Ankommen.